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Reisebericht Daniela Januar 2010

  

Fr, 15.1. - So, 17.1.

Mo, 18.1. - Mi, 20.1.

Do, 21.1. - Sa, 23.1.

So, 24.1. - Di, 26.1.

Mi, 27.1. - Do, 28.1.

Fr, 29.1. - Rückkehr

Donnerstag, 21. Januar

Noch vor Sonnenaufgang hört man ein rhythmisches Trommeln. Ingo erklärt später, dass dies der Schamane gewesen sei, irgendwo in den Hütten der Einheimischen muss wohl jemand krank geworden sein und man hat den Schamanen zu Heilungszeremonien geholt.

Heute früh ist es neblig, aber der Nebel verzieht sich rasch. Ich hab gut geschlafen und wir stehen um 6.30 auf. Die Hähne krähen, Axel beschwert sich über sein zu kurzes Bett (es ist ihm wirklich zu kurz, selbst wenn er diagonal drin liegt. Es sind Nepalibetten und er hat noch eins von den grösseren erwischt. Für mich sind sie allemal passend! :-)). Hier in Nepal geht die Sonne viel früher auf als in Deutschland um diese Jahreszeit, merklich von Tag zu Tag früher und es wird auch merklich jeden Tag etwas wärmer. Wir werden braungebrannt nach Hause kommen und vermutlich schrecklich frieren.
Zum Frühstück gibt es frisch gebackenes Brot, Käse, Honig, angewärmte Büffelbutter, Mayonaise, Salami aus Deutschland und Kaffee. Statt Milch Milchpulver, die würde hier gammeln. Axel hat in Pokhara im Supermarkt ein Glas Nutella erstanden, von dem er jetzt morgens lebt.

Puenktlich um 8 Uhr morgens beginnen wir mit der Theorie, ich habe eine kleine Skizze gemalt um zu verdeutlichen, wie Hundeausbildung aufgebaut sein sollte (nachdem ich gesehen habe, wie hier in Nepal die Haeuser gebaut werden…). Der Bodengrund muss stabil sein und steht fuer die Gesundheit des Hundes, gute Fuetterung usw.. Das Fundament besteht aus 3 Teilen, Motivation, Vertrauen und Zeit. Genau wie Beton aus Zement, Sand und Wasser besteht und wenn eins davon fehlt oder zu wenig ist, taugt der Beton und somit das Fundament nichts. Dann bilden die verschiedenen Lehrfaecher bei der Rettungshundeausbildung die Pfeiler, die spaeter mit Mauern ausgefuellt werden: Gehorsam, Gewandtheit, Ausdauer, Suche, Anzeige und Lenkbarkeit. Das Dach wird durch viel Training geschaffen und mit zunehmender Erfahrung des Hundes wird das Dach immer dichter gedeckt. Die Skizze hat Nagendra nun zum Aufhaengen in den Raeumen der Staffel… wenn sich ein Fehler einschleicht und das Haus wackelt, dann koennen sie daran ueberlegen, welches Bauteil hapert.

Anschliessend schauen wir die Filme ueber die Verbellanzeige und den Freiverweis, sowie ein High Intensity – Mantrailingansatz, die ich mitgebracht habe. Leider haken sie schon wieder, aber insbesondere von Darwins Verbellerei waren alle sehr beeindruckt und schon gibt es wieder ein Ziel… die nepalischen Hundefuehrer sind ziemlich ehrgeizig und ich erinnere sie immer wieder daran, dass die Ausbildung nicht von heute auf morgen geht, sondern ein fundamentaler Anteil genug Zeit fuer die Ausbildung darstellt.

Dann geht es endlich zu den Hunden. Wir beginnen mit den Anzeigetrainings. Laxmi und Aldo haben ja schon angefangen mit dem Bellen auf Kommando. Wobei es mehr Kommmando ist als Bellen…

Da das Bellen noch sehr zoegerlich kommt und Aldo allerlei Uebersprungshandlungen macht wie anspringen oder in den Aermel beissen, erklaere ich, dass dafuer nicht geklickert werden sollte. Aldo weiss noch nicht, was Boukh bedeutet (als ich sage, dass sie genauso gut chinesisch sprechen koennten, lachen alle) und er soll das erst lernen durch den Aha-effekt. Ausserdem brauchen wir mehr Motivation. Nach einigen Testlaeufen wird Aldo an der Leine gehalten oder angebunden und mit einem Spielzeug angereizt, worauf er bellt wie ein Weltmeister und dafuer geklickt wird, das dazugehoerige Kommando bekommt und zur Belohnung das Spielzeug haben darf. 2010-01-21_11-28-02_Nepal_467_1.jpgMit Laxmi machen wir es genauso, nur dass wir irgendwann darauf verzichten, ihr das Spielzeug zu geben. Sie hat einen Griff wie ein Schraubstock und laesst schlecht aus. Sie wird mit dem Spielzeug angereizt und bekommt als Belohnung fuers Bellen Futter. Auch mit Dunston arbeiten wir mit Spielzeug, das steigert seine Motivaton ungemein. Bevor wir den Rueckverweis mit dem Hund ueben, gibt’s die obligatorische Trockenuebung mit mir als Hundeschauspielerin. Als Anzeige moechte Amman das Anspringen nehmen und uebt das separat mit dem Clicker. Dunston ist ein echter Clown und hat das ziemlich schnell drauf und mit Kommando verknuepft. Zum Zurueckfuehren bekommt er eine der Kenndecken aus Oesterreich an, das sieht richtig fesch aus an dem weissen Hund.

2010-01-20_12-27-33_Nepal_418_1.jpgHunter und Maggie bekommen High Intensity Trails und laufen wie auf Schienen, es ist eine Freude, dabei zuzuschauen. Sie lernen gleichzeitig eine gute Scent discrimination und den frischesten Geruch zu unterscheiden, denn das Gelaende hier ist natuerlich laengst kontaminiert mit unseren Runnern. Maggie ist nicht ganz so spurtreu wie Hunter, sie denkt mehr mit und laesst ihr Gehirn eingeschaltet, waehrend bei Hunter offenbar nur das Riechzentrum funktioniert , der ist voll auf seine Spur konzentriert. Waehrend beide ihre Shorttrails laufen, lege ich von mir einen Geruchsartikel hin und laufe einen unangereizten Trail nacheinander fuer die beiden. 2010-01-23_06-13-00_Nepal_615_1.jpgSie muessen jetzt erstmalig ohne Anreizen meiner Spur folgen und beide finden auch voellig problemlos. Ich habe den Eindruck, dass das Futter sie als Belohnung nur beilaeufig interessiert und die Suche selbstbelohnend ist. Hunter fuehrt seinen Hundefuehrer sogar durch das zugezogene Gittertor, Maggie sticht, als sie Querwind bekommt und beide ignorieren saemtliche Fremdpersonen, denen sie auf dem Trail begegnen. Super! Es wird Zeit, dass beide etwas aeltere Trails arbeiten, wobei sie zuerst einen Intensity-Shorttrail fuer die Motivation bekommen und danach auf den nichtangereizten Trail gesetzt werden sollen.

Zum Schluss machen alle noch mal Anzeigen, bei Aldo klappt es erstmals auch ohne Festhalten und Laxmi reagiert bereits auf Entfernung auf das Boukh-Kommando. Dunston macht seinen Freiverweis, aber er zieht nicht ordentlich zurueck zum Opfer. Der Fehler ist schnell gefunden, er traegt seine Kenndecke nicht und wurde am Halsband angeleint. Dabei hat er doch sooo schoen gelernt nicht zu ziehen! Alle schauen auch verwundert, warum er mit so wenig Motivation zurueckfuehrt und ich verrate des Raetsels Loesung. Aaaaah! Das war sehr einleuchtend und von jetzt an wird die Kenndecke wohl nie wieder vergessen!

2010-01-21_10-08-31_Nepal_450_1.jpgIn der Mittagspause schaue ich nach Helga. Die Welpen krabbeln in der Huette herum und versuchen auszusteigen. Und: Sie gehen an das Futter! Wir hatten schon ueberlegt, ab wann man sie am besten zufuettern sollte, aber die Entscheidung haben sie selbst getroffen. Man hoert Bellen aus der Wurfhuette und sie kaebbeln miteinander. Es wird langsam Zeit, dass sie umziehen in einen der leerstehenden Raeume, wo sie mehr Platz haben und wir ein Brett vor die Tuer stellen koennen, damit sich Helga zurueckziehen kann und die Welpen nicht hinterher koennen. 2010-01-21_10-13-22_Nepal_459_1.jpgOberhalb von unserem Fruehstueckstisch ist der geistig behinderte Sohn des Nachbarbauern dabei, die Baeume zu faellen. Er bruellt dabei herum und wir haben langsam Sorge, dass die dicken Aeste, die er abhackt, auf unser Gelaende fallen koennen. Oder dass er auf der falschen Seite des abgehackten Baums steht und das Teil auf den Kopf bekommt, denn wirklich viel Ahnung scheint er vom Baumfaellen nicht zu haben. Axel geht runter an den Fluss und macht einen Spaziergang und Fotos, waehrend ich dem grossen Baum ueber mir dabei zuschaue, wie er durch die Trockenheit sein Laub abwirft und Erdnuesse dazu esse. Ein kleiner violetter Vogel mit gelber Brust gesellt sich zu mir, sitzt mal auf der Palme gegenueber, mal neben mir auf der Terrasse oder auf der anderen Seite hinter mir auf einem Ast. Er ist wirklich sehr zutraulich und scheint auch in den folgenden Tagen menschliche Naehe zu suchen. Wer weiss, wessen Reinkarnation das ist… Gruss an Katrin an dieser Stelle, mir sind ein paar huebsche Fotos von ihm gelungen, die ihr leider versagt geblieben sind! Es wird wirklich Fruehling, wir koennen die ersten Grillen zirpen hoeren und nur im Schatten ist es kuehl, so dass man lange Aermel braucht. Das Wetter erinnert an Mitte Mai oder Ende August in Deutschland. Strahlendblauer Himmel, was will man mehr!

2010-01-22_11-23-33_Nepal_494_1.jpgUm 15h geht das Hundetraining weiter, sie scheinen auch die Mittagspause fuer Training genutzt zu haben, denn Dunston zeigt ein einwandfreies Anspringen auf Kommando und auch das Bellen auf Kommando bei den beiden Langohren klappt immer besser. Gelegentlich muss man noch leicht ans Halsband greifen, um eine mentale Distanz zum Hundefuehrer zu schaffen und die Beller zu entlocken, aber es wird zunehmend besser. Wir legen jetzt schon waehrend des Trainings mit den Flaechenhunden die Trails fuer Hunter und Maggie. Hunter verliert den Trail, weil er sich von Leuten, die draussen im Flusstal unterwegs sind, ablenken laesst und der Hundefuehrer hat Axel entdeckt, der das Opfer gespielt hat. Waehrend Hunter versucht, wieder zurueck auf den Trail zu kommen (der verlaeuft direkt den Fluss aufwaerts, was die Sache noch erschwert) und anfaengt , grossraeumig zu kreisen, versucht sein Hundefuehrer schlauer zu sein als sein Hund und ihn in Richtung Axel zu ziehen.2010-01-22_12-34-38_Nepal_528_1.jpg Da er nicht Englisch spricht, gelingt es mir nicht rechtzeitig ihn zu stoppen. Schliesslich arbeiten wir uns an eine Stelle vor, wo ich genau weiss, wie der Trail verlaeuft und von dort aus loggt sich Hunter auch wieder ein. An einer Bachueberquerung verliert er den Trail wieder, da oberhalb auch der “Hauptfussweg” verlaeuft und dort alle moeglichen bekannten Trails verlaufen. Also, ein Stueck zurueck, neuer Ansatz und siehe da, Hunter zieht zielstrebig zu Axel die Treppe rauf und ignoriert mal wieder seine Futterbelohnung. Mit Maggie machen wir einen etwas einfacheren Trail (der lauftechnisch schwieriger ist, da er zur Haelfte einem nur fussbreiten Ziegenpfad an einer fast senkrechten Felswand entlang verlaeuft… Tempo drosseln oder runterfallen…). Maggie folgt dem Trail korrekt bis zu dem kleinen Tempel auf der Anhoehe und findet Axel absolut sicher.

Waehrend wir die Trails laufen, machen die anderen Jungs oben mit den Flaechenhunden weitere Anzeigen und zum Schluss sieht das richtig toll aus! So machen die Verbeller Anzeigen mit einem angereizten Opfer hinter einer verschlossenen Tuer und die Hunde zeigen ein ausgepraegtes Eindringverhalten und beginnen sogar zu bellen. Aldo springt an der Tuer hoch bis fast zum oberen Tuerrahmen. Was fuer ein Hund!

Feierabend, genug gearbeitet!

Heute Abend gibt es wieder Dhal Bat, wobei es jedesmal anders schmeckt und daher nie langweilig wird. Diesmal ist es mit gemischtem Gemuese und Senfblaettern. Axel ist es wieder zu scharf… dabei hab ich im Vorfeld der letzten Wochen alles getan, um die Schaerfe meines selbstgekochten Essens an nepalische Verhaeltnisse anzupassen und ihn schon mal zu trainieren .

Wir gehen ins Bett, die Nacht ist warm.

 

Reisebericht Freitag, 22. Januar

Morgens noch vor dem Fruehstueck stand Waeschewaschen auf dem Programm, denn wir haben ja nur noch das Wasser aus dem Tank, bis die Wasserleitung repariert ist. Axel meint spaeter “wenn Du die Waesche abhaengen willst, …” – “vergiss nicht die roten Ameisen abzuschuetteln… ich weiss!” vollendete ich den Satz. Die benutzen naemlich immer noch die Waescheleine als Autobahn.

2010-01-21_11-54-45_Nepal_469_1.jpgNach dem Fruehstueck schauen wir die Trailingvideos. Das Training geht anschliessend weiter, die Flaechensucher bekommen kleine Suchen mit Anzeigen, die Mantrailer Intensity-Shorttrails und dann Trails, die wir schon vorher gelegt haben. Wir bekommen Probleme, denn die beiden Jagdhunde suchen um des Suchens willen und wenn sie den Trail verloren haben, sieht man es nur an einem kurzen Aufheben des Kopfes und danach nehmen sie wieder Suchhaltung ein und suchen herum… stundenlang wenn es sein muss, wenn wir so weiter machen, produzieren wir Ghosttrailer. Wir diskutieren das Thema und die Loesungsstrategien: Der Trail muss zumindest dem Back up genauestens bekannt sein, Absprachen muessen eingehalten werden, die Hundefuehrer muessen lernen zu erkennen, wenn der Hund vom Trail runter ist und einfach so rumsucht (man sieht es den Hunden durchaus an, wenn sie auf dem Trail sind, ist die Nase unten und sie arbeiten wie festgesaugt, wobei Maggie generell hoeher arbeitet.) 2010-01-21_12-05-36_Nepal_471_1.jpgAn Stellen, wo die Hunde den Kopf heben, muss der Hundefuehrer einfach wieder ein Stueck zurueck gehen und neu ansetzen. Meist klappt es auch prima. Maggie laesst sich gern ablenken, von Kuehen, Voegeln oder fremden Personen im Flussbett. Dann verliert sie den Trail und wenn sie in die richtige Richtung weiter gelaufen ist, nimmt sie ihn gleich wieder auf. Wenn nicht, nimmt sie offenbar den naechstbesten. Wir sind hier in keiner einsamen Gegend, ueberall flussauf- und abwaerts leben Bauern, die das Flussbett als Weg benutzen und auch von uns liegen ueberall aeltere Spuren.
Wir sollten jetzt die Trails und insbesondere die Ecken und Winkel mit Klopapier auf Stoecken markieren und viele viele Motivationstrails machen und als naechstes steht die Negativanzeige auf dem Programm. Ausserdem sollten wir unkontaminiertes Gelaende benutzen, um die Hunde nicht auf aeltere Trails zu verleiten. Die Hunde muessen besser zeigen, wenn sie die Spur verloren haben und die Hundefuehrer und Back ups muessen es besser erkennen lernen. Die Ansaetze ohne Anreizen und das Alter der Spur scheint mir kein Problem zu sein.

In der Mittagspause kommt Padam aus Kathmandu bzw. Pokhara zurueck. Es war eine herzliche Begruessung! Mit Padam kam die Nachricht, dass ueberall Bandh (Generalstreik) herrscht, die Schulen sind geschlossen und es fahren keine Busse. Das ist schlecht, denn Arjun ist auf dem Weg nach Pokhara, um ein wichtiges Ersatzteil fuer die zerstoerte Wasserleitung zu kaufen und ohne das gibt es bald kein Wasser zum Zaehneputzen, fuer die Toilettenspuelung, zum Waeschewaschen, zum Spuelen und vor allem zum Duschen. Duschen faellt heute wieder aus, wir muessen Wasser sparen. Und ich sehne mich nach einer Dusche….

Der Sommer kommt ins Middim Khola Tal, es wird richtig warm, ueber 25 Grad haben wir. Ingo muss sich in den Schatten setzen, weil ihm zu warm ist. Die Pfirsichbaeume bluehen jetzt.

Nachmittags um 14 Uhr schauen wir die Bilder von einer Powerpoint-Praesentation ueber Geruch und Geruchsverwehungen und ueber Einsatztaktiken. Hier kommt ja nicht allzuviel in Frage ausser Wegesuche und Querwindsuche in abgegrenzten Gebieten. Zickzackrevier kann man hier in Nepal absolut vergessen, dafuer sind die Gebiete zu riesig und das Gelaende ist zu schwierig.
2010-01-21_07-04-27_Nepal_447_1.jpgDie Hunde sind in den Pausen in dem grossen Hundeauslauf, der urspruenglich der Sportplatz der Kinder war, eingesperrt und doesen dort oder spielen miteinander oder zerlegen Stoecke. Bis auf Helga und Maggie, Helga laeuft wegen ihrer Welpen frei herum und Maggie springt staendig ueber den Zaun. Sie scheint Tante fuer die Welpen spielen zu wollen.
Jemand wird nach Bhorletar geschickt, um eine neue Welpendecke zu kaufen, denn die Welpen und Helga werden heute in das neue Welpenzimmer umziehen. Das ist grösser, kann besser sauber gehalten werden und vor allem kann man dort die Tuere sichern, so dass nur Helga rauskommt und die Welpen drin bleiben.

2010-01-22_11-23-21_Nepal_493_1.jpgUm 15 Uhr nach der Theorie geht es weiter mit dem Hundetraining. Die Jungs haben aus einer Metallleiter und Holzbrettern eine Bruecke gebaut zwischen einem der Pavillonmauern und der Tischtennisplatte. Als Aufgaenge dienen Tische. Dunston laeuft darueber als wuerde er nie was anderes machen, es fehlt nur noch, dass er Kunststueckchen zeigt. Das tut er dann auch und balanciert auf der Mauer vom Pavillon weiter und macht sogar Kehrt! Und hat offensichtlich Spass daran. Aldo hat grosses Vertrauen zu Laxmon und folgt ihm ueber diese Bruecke und geht danach selbstaendig hin und her, macht Sitz und Platz und Laxmon kann gar nicht aufhoeren. Laxmi ist etwas unsicher, sie bekommt step by step Leckerchen vor die Nase gelegt und lernt rasch, sie laeuft dann auch sicherer und macht die Uebung schliesslich problemlos. Die beiden Kurzhaar haben kaum Probleme, Hunter geht ungern die Stufe hoch, aber wenn man ihm die riesigen Pfoten setzt, lernt er es schnell selbst machen. Maggie ist sehr talentiert und lernt rasch, ihre Beine gezielt zu benutzen.

Jetzt machen wir es schwerer. Eine Haelfte Brett wird weggenommen, so dass es nur noch halb Bruecke, dann aber halb Leiter ist. Am besten macht es Dunston, er braucht nur noch wenig Uebung und dann wird er wie eine Spinne drueber laufen. 2010-01-22_12-11-22_Nepal_511_1.jpgBei Maggie, die ebenfalls ein gutes Talent hat, setzen wir die Pfoten und sie lernt schnell. Beim dritten Durchgang setzt sie sogar schon ihre Hinterlaeufe im Takt selbstaendig. Aldo findet das nicht so doll, Laxmon hat viel Ehrgeiz und Aldo macht viele Durchgaenge, die langsam besser werden. Er ist ein wenig grobmotorisch und versucht mehrfach, seitlich abzuspringen, wird von mir aber jedesmal abgefangen. Ich erklaere Laxmon, dass manche Hunde laenger brauchen, es aber immer lernen werden. Manche Hunde brauchen ein halbes Jahr, bis sie es koennen! Zeit ist ein Teil des Fundaments! Hunter ist ebenfalls vollkommen grobmotorisch, laesst sich die Pfoten auf die Sprossen setzen und wird jedes mal gelobt, wenn er selbst sein Gewicht nach vorn verlagert. Er hat Vertrauen zu seinem Hundefuehrer und mit viel Uebung wird auch er lernen, seine Hinterbeine bewusst zu benutzen. Laxmi… sie hat die groessten Probleme und es gelingt uns nicht, sie auf die Sprossen zu bewegen. Schliesslich legen wir das Brett wieder auf die Sprossen und Laxmi laeuft wie aufgezogen ueber die Bruecke hin und her und hin und her…. DAS kann sie naemlich jetzt! Die Jungs wollen eine extra Hundeleiter bauen aus Bambusholmen und breiteren Holzsprossen. Diese Eisenleiter hier ist wirklich extrem schwierig fuer Anfaengerhunde.

Danach steht Motivation auf dem Programm, die Uebung war anstrengend genug! Helga laeuft die ganze Zeit bei uns rum und will auch mitmachen. Sie ist nicht wirklich viel bei ihren Welpen, jetzt wo sie zugefuettert werden. Die Trailer bekommen Intensity-Trails, wobei Hunter nicht gefunden hat (warum weiss ich nicht) und Aldo und Laxmi bekommen mehrere angereizte Suchen mit Hochopfer und Bellen. Es klappt super, erst Recht weil die Opfer statt Leckerchen mit dem Spielzeug anreizen. Dunston macht einen praechtigen Freiverweis und springt Amman von sich aus an, er haelt sich gar nicht lang am Opfer auf. Dunston lernt wirklich irre schnell und der Freiverweis liegt ihm.

Da Samstag in Nepal der woechentliche Feiertag ist, an dem die Staffel eigentlich ihren freien Tag hat, fragen wir, ob morgen noch mal Hundetraining sein soll oder nicht. Die Staffel entscheidet sich fuer ein Training am Morgen und danach frei.

Heute gibts keine Dusche. Wir muessen Wasser sparen. Vor dem Essen ziehen die Welpen ins neue Heim um, Helga ist dabei und rennt nervoes hin und her, jeder Welpe wird auch gleich noch mal entwurmt.

Ich tippe vor dem Abendessen an meinen Berichten und lasse danach Bilder vom Rettungshundetraining in Deutschland als Diashow fuer die Jungs laufen, die auf ihr Essen warten. Wir essen getrennt, d.h. die Europaeer zuerst und dann die Nepali. Das ist hier so Sitte, auch wenn wir es schoener faenden, wenn alle zusammen an einem Tisch saessen. Die Jungs essen nach uns in der Kueche und ich schreibe waehrenddessen weiter. Heute gab es wieder Dhal Bat, diesmal ist das Dhal mit 4 Sorten Bohnen und recht mild (Ingo hat gestern geschimpft, weil Axel die Chillies nicht vertraegt). Ingo gibt noch Balsamico-Essig dazu, ich probiere es auch und siehe da, es ist ein echter Gewinn. Neben Dhal (Huelsenfruchtsosse) und Bat (gekochter Reis) gibt es auch ein leckeres Gemuese, gemischt aus Moehren, Zucchini und einer Art Spinat, der hier in den Wintermonaten gegessen wird. Er ist etwas bitterer als normaler Spinat und Axel mag ihn nicht… was man selbst nicht isst oder nicht schafft, bleibt auf dem Teller und landet im Muell. Es ist hier voellig unueblich, dass jemand etwas vom Teller des anderen isst. Das ist unrein (da hier alle ausser uns mit den Fingern essen, mag das auch stimmen. Somit kann ich seinen Spinat leider auch nicht aufessen. Und weil Essen in Nepal prinzipiell Mangelware ist, tut man sich immer nur soviel auf den Teller, wie man auch schafft. Der Teller muss aufgegessen werden… wie wir ja auch von der Nachkriegsgeneration immer eingeblaeut bekommen haben.

Wir gehen recht frueh ins Bett. Morgen will Prem losziehen und Huehner zum Essen kaufen. Oben im Dorf wurde zwar eine Ziege geschlachtet und wir koennten Fleisch kaufen, aber das ist zu teuer und ausserdem heisst Fleisch hier ein Mix aus Knochen, Gedaermen und Fleisch. Hundefutter haben wir selbst! Drei Huehner fuer die ganze Mannschaft kosten 1500 NRp, das sind knapp 15 Euro. Morgen will Ram mit uns nach dem Training eine Wanderung zu einem Heiligtum 1,5 Stunden flussaufwaerts machen. Wir freuen uns schon drauf, etwas mehr von Nepal zu sehen.


Samstag, 23. Januar

Heute haben wir wieder Fruehstueck mit Baumfaellarbeiten schraeg ueber uns. Ast fuer Ast wird die Krone entkernt und dann wird der Stamm abgehackt. Alles faellt polternd die Boeschung runter, dass einem Angst und Bange werden koennte. Die Ingredientien des Fruehstuecks sind dieselben wie sonst auch, Ingo hat es langsam satt und holt sich Knoblauchkraut aus dem Garten und macht sich ein Omelett.

2010-01-23_04-49-47_Nepal_572_1.jpgUm 8 Uhr beginnt das Training. Heute machen wir Geruchsspaziergaenge mit den Flaechenhunden unten im Flusstal. Axel und Amman werden versteckt. Leider geht kaum Wind, dafuer scheuchen wir weisse Reiher und andere Wasservoegel auf. Die Hunde bekommen sofort fuers Kommen ihre Belohnung. Aldo loest sich nicht sehr weit von seinem Hundefuehrer, er muss immer wieder “Kutsh” = Such! rufen, damit Aldo weiter raus laeuft. Nach einer Weile weiss er nicht, wofuer das gut sein soll, haben mittlerweile das Opfer umrundet und dann findet er doch noch die Geruchsfahne. 2010-01-23_04-53-38_Nepal_573_1.jpgAxel ist gefunden. Amman zu finden, ist nicht weniger einfach, er sitzt hinter einem Felsen auf einer mit hohem Gras bewachsenen Sandbank direkt neben dem Hauptarm des Flusses. Und friert sich einen ab, denn die Sonne kommt gerade erst ueber die Bergkette im Osten und hat ihn noch nicht erreicht. Schliesslich bekommt Aldo von ihm Witterung und freut sich ueber das Fressen. Laxmi ist als naechstes dran und wird von der anderen Seite angesetzt, denn der Wind hat jetzt ja offenbar gedreht, seit die Sonne ins Tal scheint. Laxmi laeuft weit und sucht ausdauernd, orientiert sich aber stets an ihrem Hundefuehrer Nagendra. 2010-01-23_05-14-42_Nepal_587_1.jpgSie findet rasch die Geruchsfahne, ihr wedelnder Schwanz zeigt es deutlich. Nagendra ist stolz auf sie! Axel zu finden ist etwas schwieriger. Sie bekommt zwar Axel in die Nase, dann rennt sie aber wie am Schnuerchen gezogen an ihm vorbei und 50m weiter in ein Seitenflussbett, wo sie irgendwelchen Unrat frisst. Wir kreisen Axel anschliessend auch mit Laxmi ein, bis sie ueber den Geruch stolpert und ups, da sitzt ja jemand! Und sich das Fressen reinzieht.

2010-01-23_05-21-32_Nepal_595_1.jpgDunston bei der Suche zuzuschauen, ist die wahre Freude. Er sucht mit hoher Nase und ausgepraegter Koerpersprache und laeuft wie an der Schnur gezogen zum ersten Opfer. Wider Erwarten haelt er sich dort aber nicht auf, sondern kommt umgehend und ungerufen zu seinem Hundefuehrer zurueck, springt ihn an und macht den Refind! Genial! Er hat den Ablauf schon genau begriffen. Bei der Suche nach Axel scheucht er Voegel auf, die ihn doch sehr stark interessieren. 2010-01-23_05-27-57_Nepal_605_1.jpgEr laesst sich aber zurueckrufen und sucht weiter. Bei Axel dasselbe Verhalten, kein langer Aufenthalt trotz Futter, schoener Return mit kurzer Unterbrechung an einer interessanten Schnupperstelle und dann ein sauberer Refind. Prima!

Hier ein bisschen Nepali fuer Hundefuehrer:

Kotsh oder Kutsh = Such!

Boukh = Gib Laut!

Bash = Sitz!

Suth = Platz!

Uth = Steh!

Aisha = Hier!

Dsoh = Voran!

Manche Kosne = Mantrailing

Haraiko Manche Kosne = Vermisstensuche mit Mantrailing

Haoa Piune Kukur = Hochwindsucher oder Flaechensuchhund

(Kukur = Hund)


2010-01-23_05-35-30_Nepal_610_1.jpgDanach legen wir einen Trail fuer Hunter, diesmal in nichtkontaminiertem Terrain flussabwaerts. Ram, Axel und ich beobachten genau den Trailverlauf und ob der Runner sich an die Absprache bezueglich der Distanz haelt. Den genauen Endpunkt des Trails koennen wir aber von unserem Standort aus nicht erkennen. Hunter wird angesetzt und folgt dem Trail wie auf Schienen. Dann fuer uns, selbst aus der Distanz gut sichtbar, hebt Hunter den Kopf und orientiert sich. Das muss die Stelle gewesen sein, wo der Runner den Trail verlassen hat und in sein Versteck gegangen ist. Hunter laeuft aber weiter auf dem Pfad und laeuft und laeuft und laeuft… wir kommen gar nicht schnell genug hinterher. Hundefuehrer und Opfer haben zwar Funkgeraete, aber irgendwie funktioniert heute nix und Hunter laeuft einen klassischen Ghosttrail. Das merkt nach bestimmt 1 km auch sein Hundefuehrer und stoppt und kommt zurueck. Wir treffen uns und besprechen das weitere Vorgehen. Mittlerweile hat Ram auch den Runner entdeckt. Wir gehen weit zurueck und setzen Hunter, der offensichtlich muede ist, mit dem Geruchsartikel auf dem Trail neu an. Gerade am Abzweig treffen beide auf eine Passantin, die den Hund ablenkt. Wir brechen jetzt ab.

Um wenigstens zu einem guten Abschluss zu kommen, bekommt Hunter noch zwei angereizte Shorttrails einmal die Boeschung hinauf in die Reisfelder von Shyauli-Dorf und einen weiteren von dort ins Dorf. Hunter macht seine Sache gut, nur der Fund im Dorf gelingt nicht auf Anhieb… es laufen zu viele Huehner vor seiner Nase herum! Schliesslich entdeckt er den Runner, sagt kurz Hallo, frisst nebenbei die Leckerchen und hat nur noch Stielaugen fuer all die Huehner.

2010-01-23_06-19-10_Nepal_618_1.jpgWir kommen gerade recht zurueck zum Dorfrand unterhalb des Hospitals, um den Bagger zu beobachten, der genau jetzt seinen Weg knapp oberhalb des Hospitals bahnt. Ein grosser Baum steht ihm im Weg und er versucht, ihn zur Hangseite hin zu umzuwerfen. Das gelingt nicht und wir trauen unseren Augen kaum, als er ansetzt und den Baum in Richtung Hospital umwirft. Ein Krachen, ein Raunen unter den Zuschauern, Padam steht neben mir, und der Baum faellt genau aufs Hospital! Wir laufen hin und schauen, was passiert ist. 2010-01-23_06-22-00_Nepal_620_1.jpgDas Gebaeude, in dem die Behandlungsraeume und die Apotheke untergebracht sind, wurde nur um Haaresbreite vom Hauptstamm verfehlt. Die gesamte Baumkrone jedoch schlug aufs Dach auf und die andere Seite auf das Dach vom Wartehaeuschen. Der Bagger zieht den grossen Stamm die Boeschung hoch und laesst ihn seitlich den Hang runterfallen, wo er in einen strohgedeckten Unterstand einschlaegt. Die gesamte Baumkrone bleibt im Hospitalbereich liegen.

Das Dach der Apotheke hat eine Delle, das Dach vom Wartehaus ebenfalls und der Hof ist voll mit Aesten und Laub. Die lose Erde und das Gestein, das der Bagger vor sich her geschoben hat, bildet einen lockeren Abraumkegel genau oberhalb des Apothekenraums und 2010-01-24_09-40-56_Axel_148_1.JPGder Hof vor dessen Nebeneingang ist voll mit Erde und Geroell. Dort genau eine Kurve zu bauen, ist haarstraeubend. Hier an dieser Stelle gibt es praktisch keinen Fels als Untergrund, sondern nur Erde, Sand und loses Geroell. Jetzt hat der Bagger eine Kerbe in den Hang geschoben und alles, was oberhalb ist, hat keinen Halt mehr vor dem Abrutschen. Das lose Geschiebe bildet einen lockeren Hang und die Piste selbst wird beim naechten staerkeren Regen den Hang runter gespuelt, wenn nicht sogar von oberhalb der ganze angekratzte Steilhang nachrutscht. Und der ganze Schlamm landet dann im Hof hinter dem Apothekengebaeude und wird sich seinen Weg suchen…

Ein Stueck weiter vorn sieht die Situation nicht besser aus, der Wassertank wurde nur um einige Meter von den Geroellmassen verschont. Auch hier ist die neue Piste weit davon entfernt, befestigt zu sein. Alles nur zusammengeschobene Erde mit Felsbrocken und Holzstuecken von den ueberrollten Baeumen dazwischen. Bis es hier Befestigungen mit Gittern oder steingefuellten Gitterkoerben geben wird, wird es noch Jahre dauern.

Alle Leute, vom Hospital, den Hoefen oberhalb, von der Staffel usw. schauen teils fasziniert, teils aengstlich dem Bagger bei der Arbeit zu, wie er sich durch die Landschaft frisst. Ein Maoistenoffizier mit Sonnenbrille und Staubmaske gibt Anweisungen und Kinder springen vor dem Bagger herum und testen ihr Karma aus...

Nachdem wir das Schauspiel ueberstanden und fotografiert haben, bekommt Maggie noch einen kleinen Trail auf dem Gelaende und Laxmon ist der Runner. Er laeuft einen Kreis und kommt wieder zu uns zurueck. Maggie folgt bald, sucht ihn in unserer Gruppe und findet ihn dann schliesslich an einer Hauswand sitzend. Grosse Freude! Das war schwierig.

Die Jungs machen jetzt ihre Lunchpause. Sie fangen immer so gegen 10h an zu kochen (Dhal Bat natuerlich) und um 11 h ist Essenszeit. Ein zweites Mal isst man hier (Dhal Bat natuerlich) um 19 h. Das ist alles, und mit der vielen Bewegung, den dutzenden Treppen, die man bei jeder Suche erneut steigen muss und dem Mangel an Suessigkeiten, hat dafuer gesorgt, dass ich jetzt nicht nur einen Guertel tragen muss (vorher hat mir meine Hose auch so gepasst), sondern ihn sogar schon ins dritte Loch machen muss. Ich tippe ein wenig an meinen Berichten, Axel und Ingo haben sich hingelegt und ich traeume von einer Dusche.

Gegen Mittag kommt Ram und fragt, ob wir jetzt aufbrechen koennen zu unserem Spaziergang zum Tempel. Wir nehmen jeder eine Flasche Wasser mit, denn mittlerweile ist es ganz schoen warm geworden. Ram laeuft barfuss in Flipflops, Axel und ich haben Socken und unsere Turnschuhe an. Darin haben wir mehr Halt auf den felsigen Steigen und dem Geroell im Flussbett.

2010-01-23_07-46-51_Nepal_626_1.jpgIch hatte ja geglaubt, meine Kondition sei gar nicht soo schlecht. Jetzt werde ich eines besseren belehrt. Da kann man nichts schoenreden, ich bin offenbar zu fett und zu schlaff… bei jeder Steigung komme ich ganz schoen ins Pusten, es geht auf schmalen Pfaden (schmal meint, maximal so breit, dass zwei Fuesse nebeneinander draufpassen oder noch weniger) bergauf und bergab. Bergauf und Bergab meint Steigungen von 70 Grad, teils auf natuerlichen Vorspruengen des Felsens, teils auf Stufen aus Flusssteinen, teils auf staubigen Pfaden mit losen Steinchen, die schnell ins Rollen kommen. 2010-01-23_07-59-52_Nepal_628_1.jpgDann folgen wir den Daemmen zwischen Reisfeldern entlang, es ist eine Wohltat, ebenerdig laufen zu koennen. Und wieder ein Berg, wir ueberwinden wieder steile 50 Hoehenmeter und stehen oberhalb einer Flussbiegung auf einem Felsvorsprung mit einem kleinen Tempel und einer kleinen Schule. So geht es weiter, steil bergab in Serpentinen, vorbei an Gurunghoefen, Kuhhirten mit ihren Tieren, Ziegen, die in den Steilhaengen ihr Futter suchen und vorbei an Frauen, die Viehfutter aus dem Dschungelgruen schneiden. Bergauf, bergab, mal ueber Stufen, mal in Bachbetten, so langsam beginne ich die Steigungen zu hassen. Waehrend ich voellig aus der Puste bin, marschiert Ram in seinen Flipflops zuegig weiter, ohne auch nur schneller zu atmen! Ich schwanke zwischen Respekt und Neid. Ich kann es noch nicht mal auf meine kurzen Beine schieben, die von Ram sind definitive auch nicht laenger… Und wieder eine Steigung, in mir kommen Erinnerungen hoch an meine Leichtathletikzeit in der Schule und die Mittelstreckenlaeufe, bei denen es auf den letzten 400 Metern auch immer in den Lippen anfing zu kribbeln… Gott sei Dank, wieder ein Reisfeld. Geradeauslaufen kann ich ja ewig, das macht mir nichts aus. Alle 10 Meter muss man aber einen Erdwall uebersteigen, der ganz genau kniehoch ist. Dorfhunde begleiten uns, am Fluss waschen Frauen ihre Waesche. Wir klettern unterhalb einer Klippe auf natuerlichen Felsen direkt ueber dem Fluss, der hier eine Kurve macht und glasklare Wasserbassins bildet. Jetzt reinspringen… au ja, das sieht so einladend aus und ich triefe bereits aus allen Poren. Die Landschaft ist abwechslungsreich, kleine Seitentaeler oeffnen sich mit ausgetrockneten Fluessen, Gurungdoerfer, Sandbaenke, grasendes Vieh, Menschen bei der Arbeit… Wunderschoen alles. Aber sooo anstrengend. Es geht weiter ueber Sandbaenke, Flussgeroell und Reisfelder und dann fragt Ram, ob wir lieber den Berg hoch wollen und oben ueber die Haengebruecke oder lieber die Abkuerzung unten durch den Fluss nehmen wollen. 2010-01-23_08-07-25_Nepal_629_1.jpgEr deutet auf unsere Turnschuhe… mir ist alles Recht, nur nicht wieder tausend Stufen den steilen Berg hoch. Axel ist einverstanden. Also die Furt! Dort ueberquert gerade ein Junge den Fluss in unserer Richtung. Ram fragt mich, ob ich den Jungen erkenne… Das ist ja Nirjung! Wir freuen uns, ihn zu treffen, er kommt gerade von seinen Cousins oben in einem der Doerfer in den Bergen auf der gegenueberliegenden Seite zurueck. Er hat keine Schule, da Streik ist und heute ist eh Feiertag.

Wir ziehen uns also die Schuhe aus, dann die Socken und die Schuhe wieder an und durchqueren den Fluss, der hier angenehm kalt und knietief ist. Dann wieder die Socken an und in die nassen Schuhe und es heisst erneut klettern, rauf zur Haengebruecke, die schon einen etwas aelteren Eindruck macht (Ingo erzaehlt spaeter, dass er sie nicht benutzt, weil er sie fuer morsch haelt.) Von hier aus geht ein steiler Pfad weiter rauf nach Nalma, den wir zum Glueck nicht nehmen. Stattdessen klettern wir den Pfad entlang der Felswand oberhalb des Flusses weiter. Die Hoehe schwankt zwischen 50 und 300 m ueber dem Tal und beim Laufen runtergucken kommt nicht in Frage. Ein Fehltritt… die Folgen eines Sturzes hier waeren nicht auszudenken, zumal es staendig steil bergauf und bergab geht. Langsam tun mir die Knie weh und ich bin mir nicht mal mehr sicher, was ich mehr hasse, bergauf zu schwitzen und zu japsen oder bergab die Schmerzen in den Kniegelenken… gerade als meine Beine anfangen wollen, vor Anstrengung eines steilen Abstiegs zu zittern (was nicht gut fuer die Trittsicherheit ist), kommen wir wieder fast auf Flusshoehe auf schoene ebene Reisfelder.2010-01-23_08-21-57_Nepal_636_1.jpg Nun ist es nicht mehr weit! Wir kommen an Bauernhoefen vorbei, sehen kleine Haengebauchferkel, umgehen die Hofhunde und sehen zwei Bauern beim Herstellen einer Reisstrohmatte. Die Landschaft ist grossartig. Leider koennen wir die Himalayas von hier aus nicht sehen, entweder sie sind gar nicht sichtbar oder man sieht nur grosse Wolken in der Richtung, wo sie sein muesste. Der Weg fuehrt endlich mal schattig durch einen Laubengang von Weihnachtssternbueschen, die als Zaun fuer das Vieh angepflanzt wurden. Noch eine Bergflanke gilt es zu erklimmen und dahinter wieder runter. Hier waechst jetzt richtiger Dschungel auf beiden Seiten der engen Schlucht. Unten ist ein Platz mit Huehnerfedern uebersaet, ein Ochse sucht darin Futter. Hier werden die geopferten Huehner zerteilt und dann anschliessend bei den Weihnachtssternbueschen aufgegessen, bei Feiern mit Musik und Tanz im Anschluss an die Opferzeremonien. Ram geht diesen Weg dreimal im Jahr… Ein megasteiler Anstieg rauf zum Heiligtum, in Fels gehauene oder natuerliche Stufen. Oben ein Tor mit Glocken. Wir muessen hier unsere Schuhe ausziehen. Auf einem Felssims mehr als 200 m ueber dem Fluss ist das Heiligtum. 2010-01-23_08-36-13_Nepal_640_1.jpgEin Zaun sichert die Besucher gegen Absturz, denn mehr als zwei Leute passen hier nicht nebeneinander. An der Felswand Blumengirlanden, rotes Farbpulver, Glocken, es liegen Opfergaben herum wie Blumen, Eier, Melonen, Rupienscheine und Muenzen, Raeucherstaebchen… und ueberall klebt Blut von den hier geopferten Huehnern. Und eiserne Dreizacken ohne Ende, das Symbol fuer Shiva. Ram erzaehlt, dass dieser Felsentempel ( Nepali: Langdi Mandir) schon seit 4000 oder 5000 Jahren, also bereits in vorhinduistischer Zeit, als Heiligtum verehrt und von den Menschen in dieser Gegend aufgesucht wird. Ram erzaehlt mir auch, welche Goetter hier verehrt werden, aber den Namen kann ich mir nicht merken. Jedenfalls ist er Shiva geweiht. Dieser Platz liegt wirklich an einer atemberaubenden Stelle mitten hoch oben in der Felswand… Esoteriker sprechen oft von Kraft-Orten und ich kann mir gut vorstellen, dass auch dies hier einer davon ist. Ram nimmt sich eine Fingerspitze von dem roten Pulver, das an der Wand haftet und macht sich eine Tikka. Wo er schon mal hier ist…

Dann geht es wieder zurueck… Axel beschwert sich gar nicht, aber der hat auch viel laengere Beine als ich und im Verhaeltnis zu mir weniger Gewicht mit sich rumzuschleppen. Jetzt noch ein Rucksack… keine Chance! Ich kaempfe mich durch den Rueckweg, jede Steigung, jedes Gefaelle ist ein neuer Kampf, und Ram ist frisch wie am Anfang. Nicht mal schneller atmen tut er… hrmpf… japs… Endlich wieder Reisfelder, und ein letzter An- und Abstieg. Nein, noch einer und wir kommen an die Haengebruecke. Ram fragt, ob wir den Weg durch den Fluss wollen oder ueber die Bruecke. Die Bruecke! Die wollen wir ausprobieren. Der Bergsattel auf der anderen Seite sieht nicht so steil aus, das schaffen wir! Dahinter geht es nur noch bergab und dann kommen endlich wieder Reisfelder. 2010-01-23_08-16-36_Nepal_634_1.jpgDie Bruecke hat schon bessere Zeiten gesehen, die Bohlen auf den Querhoelzern sind mit Naegeln befestigt oder auch nicht… Man kann zwischen den drei Bahnen Bohlen runterschauen in die Schlucht. Das Gelaender ist ein ausgeleierter Maschendraht, dem ich noch weniger vertraue als den wettergegerbten Bohlen mit den losen Naegeln. Aber Ram geht drueber wie nichts und ich gehe hinterher. Immer schoen elastisch bleiben in den Knien wie beim Voltigieren. Klappt super, ich filme den Weg und waehne Axel direkt hinter mir. Als ich drueben bin und mich umdrehe, ist er noch auf der anderen Seite und kaempft mit seinem Mut. So ganz ist das nicht seine Sache, wie er spaeter zugibt. 2010-01-23_09-39-22_Nepal_659_1.jpgDie Rache kommt spaeter. Wir klettern nicht etwa ueber den Bergsattel, sondern klettern ueber die hoechste Stelle der Felsnase, immer in kurzen Serpentinen einen Pfad hinauf, teils mit teils ohne Stufen und ich weiss langsam auch nicht mehr, was mir lieber ist. Ich kann nicht mehr! Pump, schnauf, schliesslich schaffe ich es doch nach oben und brauche eine Pause vor dem Abstieg. Axel konnte es unterwegs nicht lassen, mich wegen meiner schlechten Kondition aufzuziehen. Fuer mehr als zwei Worte zum Verschliessen seines Mundwerks reicht meine Puste allerdings nicht…Oben Pause, kurz mal hinsetzen, warten bis Puls und Atmung wieder im Normalbereich sind und dann koennen wir weiter. Farbmakierungen mit Zahlen zeigen, dass auch die Piste, die jetzt in Shyauli ist, hier lang gehen wird. Was fuer ein Jammer fuer das unberuehrte wilde Tal!

2010-01-23_08-44-05_Nepal_651_1.jpgDer Abstieg ist eine Qual fuer meine Menisken. Steil auf losem Sand und Steinen in Serpentinen wieder runter (was bin ich froh, dass wir auf dem Hinweg hier nicht rauf mussten). Nur kein Fehltritt, es sind noch gut 50 Meter auf der einen Seite nach unten. Dann endlich Reisfelder. Zurueck ueber die Felsen klettern ueber den klaren tiefen Flussbecken und wieder Reisfelder. Welch ein Genuss fuer die Knie, endlich kann ich auch wieder ohne zu japsen Tempo machen. Ist schon seltsam, wie das so ist mit der Kondition. Auf ebener Strecke und nur leichten Steigungen habe ich Ausdauer ohne Ende, aber diese steilen Stuecke sind eine Schinderei. Ich hab schon gute Vorsaetze fuer meinen naechsten Nepalbesuch: Jetzt, wo mein Englisch besser geworden ist (das sagt sogar Ingo!) werde ich a) Nepali lernen und b) mein Konditionstraining ins Weil- und Moettbachtal verlegen. Um genau zu sein, werde ich die Steilhaenge rauf und runter und rauf und runter klettern und vielleicht noch dazu das Treppenhaus vom Wetzlarer Krankenhaus stuermen! Und c) werde ich mindestes 10 kg abnehmen. Die werden keinen Schnaufer mehr von mir hoeren und ich werde auch garantiert nicht mehr um eine Pause betteln! So!

2010-01-23_09-42-34_Nepal_660_1.jpgBis dahin wollte ich mir jedenfalls weitere Schinderei ersparen und hab Ram gefragt, ob wir nicht auch einfach im Flusstal bleiben koennen (I hate stairs!) und die aufundab-Randgebirgspfade auslassen koennen. Meine Knie schreien Hilfe. Er meint, dann muessten wir hier den Fluss ueberqueren und vor Shyauli noch einmal. JAAAA! Gerne! Liebend gerne! Ich ziehe noch nicht einmal mehr meine Socken aus, auch die Hose krempel ich mir nicht mehr hoch, das kalte knietiefe Wasser ist der pure Genuss. Sollen die Schuhe doch so lange zum Trocknen brauchen wie sie wollen! Nass sind sie ja eh schon. 2010-01-23_09-31-36_Nepal_657_1.jpgAlso laufen wir auf der anderen Seite des Middim Khola ueber schoene kahle Reisfelder mit federnden Sand- und Grasboeden, klettern nur geringgradig durch trockene Flussbetten mit vielen Felsbrocken und durch das feinsandige Flussbett. Im Dorf vor Shyauli treffen wir auf Prem, der versucht hat, hier und anderswo Huehner zu kaufen fuer unser Abendessen. Er war erfolglos, gut fuer die Huehner, und wir koennen genauso gut auch vegetarisches Dhal Bat esssen. Noch eine Flussueberquerung, noch eine Treppe rauf nach Shyauli Bazaar und ich werde heute gaaaanz sicher keinen Meter mehr gehen.

Wie gern haette ich jetzt eine Dusche… aber es ist kein Wasser da. Fuer die Toiletten haben die Jungs zwei der Klos mit Wasserkuebeln als Wasservorrat bestueckt, die sind nur fuer feste Partikel bestimmt, zum Pinkeln sollen wir in den Garten gehen und somit Wasser sparen. Der Bagger ist mittlerweile weiter vorgedrungen und kappt den grossen Bambusbusch oberhalb vom Seiteneingang von unserem Gelaende. Da kommt keiner mit der Saege, die Bambusstangen und Wurzeln bleiben einfach quer ueber der Trasse liegen und ragen mit dem groessten Teil runter ueber den Weg hinter der Begrenzungsmauer oberhalb von unserem Fruehstuecksplatz. Es staubt ohne Ende und es ist laut ohne Ende. Staendig laufen Fremde ueber das Gelaende, weil der Weg oben ja blockiert ist und Ingo hat Angst, dass sie dabei was mitgehen lassen koennten. So wird das Restaurant geschlossen und alle anderen Tueren auch. Ingo denkt bereits daran, frueher abzureisen. Der Staub und der Laerm machen uns allen keinen Spass und wenn es jetzt fuer Tage kein Wasser mehr gibt, kann man hier nicht bleiben. Man muesste jeden einzelnen Eimer vom Fluss raufholen.

Die Jungs sind die ganze Zeit schon dabei, eine Umgehungswasserleitung zu legen, aber irgendein wichtiges Ersatzteil fehlt noch, das Arjun aus Pokhara holt, und der ist noch nicht wieder da. Am Abend die erloesende Nachricht, die Jungs haben geschuftet wie die Tiere und haben eine Ersatzleitung legen koennen. Es gibt wieder fliessendes Wasser! Die Leitung wird wieder abgebaut, wenn der Bagger dort lang faehrt und hinter im wieder aufgebaut und dann wird ein Graben gelegt, wo sie reinkommt und einbetoniert werden soll. Dafuer soll jemand morgen losziehen und Zement holen.

Unser Dhal Bat mit Gemuese und ohne Huhn schmeckt schon wieder anders als gestern und ich verfeinere es natuerlich ab sofort mit Balsamico Essig. Noch ein bisschen Berichte tippen, und dann gehts in die Heia!

 

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