Reisebericht Daniela Januar 2010
Fr,
15.1. - So, 17.1.
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Mo, 18.1.
- Mi, 20.1.
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Do,
21.1. - Sa, 23.1.
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So,
24.1. - Di, 26.1.
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Mi, 27.1. - Do,
28.1.
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Fr, 29.1.
- Rückkehr
|
Sonntag, 24. Januar
Heute ist es ziemlich neblig im Tal und
die Jungs haben verschlafen nach dem anstrengenden Tag gestern, der
ja eigentlich ihr freier Tag gewesen waere. Sie haben bis zur
Dunkelheit an der Ersatzwasserleitung geschraubt, die jetzt
funktioniert. Dass sie sich abends eine halbe Flasche Rakshi geteilt
haben, ist ihr gutes Recht. Ingo ruft die armen Kerle aus den
Betten. Unser Fruehstueck startet unter dem Radau des Bulldozers.
Der Bagger meisselt oberhalb des kleinen Hundezwingers den Fels ab
und die Anwohner schauen zu. Spaeter schiebt der Bagger den ganzen
Schutt quer ueber das kleine Seitental, durch das sich bei Regen ein
ordentlicher Bach ergiesst. Was mit dieser “kunstvoll"
aufgeschuetteten Strasse im naechsten Regen passieren wird, kann man
sich vorstellen. Anstatt einfach ein Betonrohr als Drainage unten
rein zu legen… Entweder es wird ein Staudamm, der irgendwann mal
bricht und die ganze Strasse wegspuelt oder die Strasse weicht im
Schlamm auf und ist ebenfalls ruiniert. Wir fragen uns die ganze
Zeit, wessen Ingenieurskopf hinter dieser Piste stecken mag. Bis jetzt
hat der Baggerfahrer den Bagger jedenfalls noch nicht die lockere Boeschung
hinunter zum Hospital geworfen. Die Anwohner klauben soviel wie
moeglich von den umgefahrenen Baeumen (der Bagger wirft sie einfach
um und faehrt drueber) zusammen, das Holz als Feuerholz, die Rinde
ebenfalls, und das Laub als Viehfutter, sofern es sich dafuer eignet.
Wir fangen jedenfalls mit dem Training
der Hunde an. Die Mantrailer bekommen eine mit Klopapier markierte
Spur, damit die Hundefuehrer ueber den Verlauf informiert sind. Das
ist wirklich gut so, denn jetzt erkennen sie die Stellen, wo der Hund
von der Spur abkommmt (das sind meist Kreuzungen mit anderen Pfaden),
bleiben stehen oder gehen ein Stueck zurueck, lassen den Hund dabei
an der langen Leine kreisen und sobald er wieder in die Spur
einloggt, geht die wilde Jagd weiter. Eigentlich wollte ich Hunters
Trail vom Telefonfelsen aus beobachten, aber 50m weiter unten ist
nichts mehr zu sehen, gerade jetzt steigt der Nebel auf. Wie auch
immer, Hunter findet nach einem excellenten Trail sein Opfer in einem
Hoellentempo und auf direktem Weg.
Ich frage mich jedes Mal, wie die
Nepali das machen, sie laufen die ganze Zeit hinter ihren flott
trabenden oder galoppierenden Hunden durch das Flussbett, dass aus
jede Menge Felsgeroell und Sand besteht, dazwischen trockene
Bachbetten mit entsprechenden Boeschungen – und das alles barfuss
in Flipflops!!!! Das kann ich mir nur mit jahrelangem Training
erklaeren von Kindheit an.
Liebe Nepaltrekkingtouristen, falls Ihr
mal einen Nepali mit einer Rolle Klopapier wegrennen und im Gehoelz
verschwinden seht – der hat keinen Durchfall !!! Ihr seht vermutlich gerade einen Runner
(Versteckperson), der einen Trail fuer unsere Hunde legt! (Nepali nutzen
uebrigens gewoehnlich kein Klopapier, sondern die linke Hand zum
abwischen, deswegen wird nur mit der Rechten gegessen und nur mit ihr
Dinge weitergereicht) Solltet Ihr irgendwo in Nepal zwei
kleine Stoecke V-foermig im Boden stecken sehen, die von
Klopapierfaehnchen gekroent sind, das sind keine! Gebetsfahnen,
sondern die Richtungsmarkierungen auf dem Trail. Der schraeg aus dem
Boden ragende zeigt in die Richtung, die der Runner gelaufen ist.
Wenn ihr wartet, koennt Ihr einen unserer Hunde in action sehen. Oder
er ist laengst vorbei gelaufen…
Maggies Trail funktioniert genauso
prima, die Jungs haben den Dreh jetzt richtig gut raus. Es geht in
unkontaminiertes Gebiet und bis wir den Hundefuehrer eingeholt haben,
kommt er uns entgegen. Maggie war zu schnell und ist am Opfer vorbei
gelaufen und ein Stueck weiter hat ihr Hundefuehrer das Opfer
entdeckt. Nicht schlimm, daran arbeiten wir noch.
Ingo hat in der Zwischenzeit ein
supergutes Internetsignal und kann damit sogar Anhaenge verschicken.
Zum Surfen im Internet reicht es aber nicht, so dass ich nicht auf
AOL meine Emails abrufen kann.
Die drei anderen Hunde machen derweil
ihre Suchen und Anzeigen und es ist echt genial, was die Teams in
dieser kurzen Zeit alles gelernt haben. Dunston ist kletter- und
sprungtechnisch hoch begabt und springt bei der Suche schon mal durch
offenstehende Fenster in die Gebaeude, sucht selbstaendig ab und
springt wieder raus (ich frag mich nur, wie Amman beim Refind
hinterherspringt… wobei, fuer die Verbellanzeigen klettern die
Jungs woertlich in affenartigem Tempo mit ihren Flipflops auf die
Baeume…).
In der Mittagspause gehe ich runter zum
Hospital und fotografiere noch mal ein paar Details, denn der Sponsor
der Hospital-NGO wird sich sicher auch dafuer interessieren. Der lose
Geroellhang ist sicherlich 6 bis 8 m hoch und der Schutt reicht bis
kurz vor den Eingang an der Stirnseite des Gebaeudes. Die Leute vom
Hospital haben den groessten Teil des Baums bereits zerkleinert und
beseitigt, aber man kann immer noch kaum laufen. Ich klettere weiter
hinten rauf zur neuen Strasse. Die Erde hier oben ueber dem Hospital
ist so locker und trocken, dass man problemlos Kartoffeln setzen
koennte. Beim naechsten Monsun landet das alles als Schlammpackung
unten am Hospital. Weiter hinten, schraeg oberhalb des Restaurants,
sieht es auch nicht viel besser aus. Der Bambushain wurde von den
Anwohnern nicht verwertet und bildet jetzt das wacklige Fundament der
Piste. Spontan loesen sich Mini-Erdrutsche (das wird noch in den
naechsten Wochen so weitergehen) und der Dreck rieselt durch die
Pflanzenteile und rutscht die Boeschung runter bis zur
Begrenzungsmauer. Wenn die nicht waere, gaebe es an dieser Stelle
beim naechsten Monsun eine Schlammflut bis runter zum Restaurant und
von der Strasse bleibt nur noch ein morsches Bambusgerippe uebrig. Danach und etliche Bilder spaeter
goenne ich mir ENDLICH meine Dusche. Nichts kann mich davon mehr
abhalten… und es ist mir auch vollkommen egal, dass das Wasser kalt
ist, ich habe keine Lust nach Laxmon zu suchen, der das warme Wasser
anstellt. AAAAHHH! Ich fuehle mich wieder wie ein Mensch. Wenn das
heute nicht geklappt haette, waere ich zum Fluss runtergegangen und
haette mir dort die Haare gewaschen, wie ich es bei einer
Einheimischen gestern gesehen habe. Kaelter ist das Wasser auch
nicht. Das Wetter aendert sich und es kommen
Wolken und Wind auf, die Sonne bekommt einen Hof und es riecht schon
nach Regen. Bis zum Abend faellt aber zumindest hier kein Regen, oft
regnet es schon weiter suedlich Richtung Bhorletar ab. Oder weiter
westlich vor dem Annapurnahauptkamm.
Prem ist derweil nach Bhorletar
unterwegs, um Zement zu holen, damit die in die Piste eingegrabene
Wasserleitung einzementiert werden kann und nicht durch irgendwelche
Trucks kaputtgeht. Dafuer muss aber erst noch das Ende der
Erdarbeiten abgewartet werden. Diese machen reichlich Staub und jetzt
naehert sich der Bagger zwei Baeumen direkt oberhalb des Restaurants.
Ingo diskutiert mit dem Maoisten, denn der will auf einmal die
besprochene Route verlassen und quer ueber das Grundstueck der HRDSN
baggern. Ingo sagt, dass das Land der HRDSN gehoert, aber der Maoist
kontert bedrohlich, dass dies SEIN Land ist… schliesslich haben die
Maoisten The People’s Republik Thamuwan ausgerufen, also eine
eigenstaendige Teilrepublik, die die Bezirke Kaski (Pokharagegend)
und Lamjung (wo Shyauli liegt) umfasst. Das war eindeutig… mit
anderen Worten, die Strasse wird da gebaut wo er will und er duldet
keinen Widerstand.
Mittlerweile haben wir erfahren, dass
diese Strasse gar nicht offiziell genehmigt ist und eigentlich eine
strategische Piste fuer die Maoistenkaempfer werden soll. Alle Leute
hier sprechen darueber. Sie haben mittlerweile wieder 20000 Kaempfer
rekrutiert und bereiten alles fuer den Mai vor, wenn naemlich die
Verfassung verabschiedet werden muss. Sollte das nicht puenktlich
gelingen (und momentan sieht es nicht wirklich so aus), ist das Land
fuehrungslos und handlungsunfaehig, weil dann keine Regierung und
kein Parlament mehr existiert. Und genau darauf spekulieren jetzt die
Maoisten und benoetigen dafuer strategische Zugangswege in “ihr”
Hinterland. Die Zeitungen hier berichten darueber (jedesmal, wenn
einer nach Bhorletar geht, bringt er eine relative aktuelle Zeitung
mit). Dafuer also diese Piste und deshalb auch keine Spur von
Ingenieuren oder sonstigen Bauherren, nur der Maoistenoffizier und
sein Baggerfahrer. Die beiden arbeiten hier durch die Landschaft nach
eigenem Gutduenken. Zwar wurden die Maoisten entwaffnet und auch
dieser traegt keine Schusswaffe, aber das Khukhuri (das gefuerchtete
Messer der Ghorkas) hat er dabei und das reicht, ihn zur
Respektsperson zu machen. Wie auch immer, die beiden Baeume oberhalb
des Restaurants werden umgeschubst (es waere sinnvoller gewesen, sie
vorher abzusaegen und dann die Stumpen auszuhebeln, aber jetzt
versucht sich der Baggerfahrer am ganzen Baum und versperrt sich
selbst den Aktionsraum) und fallen wider erwarten nicht die Boeschung
runter aufs Restaurant, sondern werden irgendwie nach zig Anlaeufen
die Boeschung weiter rauf geschoben. Dabei kommt der ganze
Bambusunterbau in Wallung und der Schutt rieselt nur so. Danach wird
kurzerhand der Schweinestall der HRDSN geplaettet und zumindest
Dankeschoen Herr Maoist, dass die Jungs den schwarzen Wassertank vor
der Trasse retten durften. Ich glaube, man kann zwischen den Zeilen
lesen, dass irgendwie keiner hier so richtig begeistert ist von der
neuen Strasse…. Dem Tourismus bringt sie gar nichts, im Gegenteil,
Trekkingtouristen moechten einsame Pfade haben. Die paar Bauern in
der Gegend bauen nicht so viel an, dass sie es in Pokhara verkaufen
wuerden. Autos hat hier eh keiner und im gesamten Sommer wird die
Strasse unpassierbar sein durch unzaehlige Erdrutsche und die
Anwohner muessen sich dann an den Reparaturkosten beteiligen. Man
wird sehen, wieviele Menschen hier eine Buslinie nutzen werden und
wie sich die gesellschaftliche Struktur auch in dieser Region aendern
wird. Manche Haendler werden profitieren, Kranke die Healthposts zu
Gunsten besserer Krankenhaeuser in Pokhara ignorieren, Porter
arbeitslos werden, die Kriminalitaet womoeglich steigen… aber
hauptsaechlich die Maoisten werden von der Strasse profitieren –
oder auch nicht, denn in Nepal ist alles moeglich und vielleicht
schaffen die Regierenden es noch kurz vor Mitternacht des Stichtages,
eine Verfassung fristgerecht aus dem Boden zu stampfen. Die Natur
wird sich dann entweder die Strasse zurueckholen oder, wenn sie
tatsaechlich Sinn macht, wird sie erhalten bleiben und in vielleicht
einem Jahrzehnt so langsam echte Gestalt annehmen….
In der Zwischenzeit, das
Nachmittagstraining sollte eigentlich laengst beginnen, aber alles
schaut dem Bagger beim Landschaftsfressen zu, toben die Hunde herum,
dass es die wahre Freude ist. Vor allem Hunter und Maggie jagen sich
ueber den ehemaligen Schulhof, beissen sich in die Pfoten, geben
Hetzlaut und baeumen sich aneinander zum Ringkampf auf.
Wir beginnen mit dem Detachieren auf
dem Sportplatz, dafuer habe ich 3 Eimer hingestellt. Ich erklaere
Ram, wie das geht und wofuer es gut ist und er zeichnet es kurzerhand
fuer alle mit einem Kreidestein auf die Tischtennisplatte. Laxmon
probiert es mit Aldo als erstes aus. Am Anfang helfe ich ihm noch und
Aldo hat auch nicht so sonderlich viel Lust auf das neue Spiel. Aber
viele Clicks spaeter sieht das Ganze schon richtig professionell aus.
Alle anderen Hundefuehrer schauen zu. Da Detachieren sehr zeitraubend
ist, sollen sie es sich erst mal anschauen und koennen es spaeter
trainieren, wenn wir wieder weg sind. Dann werden sie das Detachieren
ins Flussbett verlegen und statt Eimern Steine nehmen oder
Grasbueschel oder was auch immer die Natur anbietet, sie werden dann
die Distanzen vergroessern, alles auch an Haengen trainieren und die
Kommandos fuer rauf und runter einfuehren. Schliesslich werden sie
ihre Hunde auf Distanz lenken und leiten koennen. Wofuer das
letztlich im Truemmereinsatz gut ist, habe ich ihnen auf
eindrucksvollen Bildern gezeigt. Die Jungs sind unglaublich ehrgeizig
und wir stoppen Laxmon irgendwann nach bestimmt 20 Minuten, die Aldo
tapfer durchgehalten hat.
Der Bagger arbeitet derzeit weiter und
lenkt uns alle ab. Nagendra baut die waagrechte Leiter auf, zuerst
legt er noch ein Brett drauf, so dass die Haelfte der Leiter als
Bruecke leicht zu begehen ist. Aldo laeuft die Leiter mittlerweile
richtig gut, aber noch nicht ganz fehlerfrei. Dunston turnt darueber,
als ob er den ganzen Tag nichts anderes machten wuerde (… wer
weiss…). Helga wuselt hier herum und moechte auch was machen. Aber
sie hat noch Mutterschutz, auch wenn es Dilip mit Sicherheit in den
Fingern juckt, auch mit ihr zu trainieren. Das kommt noch, es sind ja
nur noch wenige Wochen, dann darf auch Helga wieder mitspielen. Wir
lassen sie mit vielen Leckerchen ueber die Bruecke laufen, sie ist
noch unsicher und geht tief geduckt, aber nach ein paar Durchlaeufen
wird sie immer mutiger und muss am Ende schnell festgehalten werden,
damit sie nicht einfach von der hohen Tischtennisplatte springt.
Hunter benoetigt noch viel Hilfe beim Setzen seiner Fuesse, er ist
einfach ein bisschen grobmotorisch angelegt und wird noch einige Zeit
brauchen, bis er fluessig drueber laeuft. Maggie denkt mit und
beginnt, ihre Pfoten selbstaendig weiter zu setzen und arbeitet
hochkonzentriert. Mit Laxmi geht es noch gar nicht, sie weiss, dass
sie die Bruecke kann und laeuft diese auch problemlos, aber sobald
sie unten durch schauen kann, verweigert sie voellig. Wir haben
Geduld mit ihr, auch sie wird irgendwann den Bogen raus haben.
Danach machen wir mit den Hunden
kleine, angereizte Motivationssuchen, die Verbeller bekommen Opfer
ausser Sicht, die sich auf Baeume schwingen oder hinter Tueren
versteckt sind. Sowohl Aldo als auch Laxmi zeigen jetzt immer
sicherer an, Aldo gibt sogar waehrend der Suche Hetzlaut und Laxmi
zieht vor dem Start beinahe Nagendra von den Fuessen. Beide arbeiten
sehr schoen die Witterung an den Verstecken aus. Dunston bekommt
einige kurze und eine etwas laengere Suchen, wobei Amman immer
versucht, das Opfer so zu instruieren, dass er das Versteck sehen
kann und pfeift und schnalzt Dunston rechtzeitig zu sich zurueck,
wenn er beim Opfer eintrifft. Dort wird entweder etwas ausfuehrlicher
gespielt oder gefuettert oder auch gar nicht belohnt und Dunston
kehrt zielsicher zu Amman zurueck. Bei einer Suche wechselt Laxmon
als Opfer sogar seinen Standort, und Dunston fuehrt genau zu der
Stelle, an der Laxmon vorher sass, nimmt dann die Nase hoch, ortet
Laxmon und fuehrt weiter. Sehr gut! Er hat so irre schnell begriffen,
wie das funktioniert, ich bin wirklich begeistert.
Maggie und Hunter bekommen kurze
Trails, die vorher genau abgesprochen werden und waehrend Hunter
problemlos findet, laeuft Maggie einmal in die falsche Richtung. Das
war auch gemein fuer sie, denn ich bin das Opfer und war
hier auf dem Gelaende schon ueberall gewesen. Schliesslich findet sie
mich doch, wenn auch auf einer anderen Route.
Abends kommt Ingo und sagt, alle
Tilapias (Barsche) in einem der Fischteiche seien tot und wir
raetseln, was die Ursache sein koennte. Das Wasser ist klar, keine
Algenbluete, Ingo tippt auf irgendein Pestizid, aber woher sollte es
kommen? Ich denke da eher an einen der vielen Fischreiher, der
womoeglich eine Krankheit eingeschleppt hat. Morgen will ich mir
einen der fast toten Fische mal genauer anschauen und sezieren und
Proben unter dem Mikroskop untersuchen. Jedenfalls wird der ganze
Teich jetzt abgelassen. Fuer irgendwas anderes ist es jetzt eh zu
dunkel. Wir gehen essen, es gibt Dhal Bat mit Gundruk (fermentierter
Rettich). Danach tippe ich, wie bereits gewohnt, an den
Reiseberichten, bis die Jungs mit ihrem Dhal Bat fertig sind,
gespuelt haben und das Restaurant schliessen wollen.
Montag, 25. Januar
Noch vor dem Fruehstueck will ich heute
runter an den Fluss, um die weissen Reiher zu fotografieren, die
gestern in groesserer Zahl am Ufer sassen und ihrerseits
fruehstueckten, bis wir mit den Hunden anrueckten.
Kein Reiher zu sehen. Nur ein paar
Strandlaeufer oder so aehnlich, die merkwuerdige Geraeusche machen und
sehr schnell laufen koennen. Unverrichteter Dinge komme ich zurueck,
erklimme die Treppe hinter den Fischteichen und scheuche dabei einen
ganzen Schwarm Reiher auf, die heute mal hier bei den ganzen toten
Tilapias einen Festschmaus abgehalten haben! Bloedes Viehzeugs,
obwohl sie weiss sind, entdecke ich sie immer erst, wenn sie von mir
aufgeschreckt auffliegen. Der Teich ist mittlerweile noch handbreit
mit Wasser gefuellt und es sind noch ganze 5 tote Tilapias zu sehen.
Meine Reiher sitzen auf den Baumwipfeln rundherum, lassen sich von
unten natuerlich nicht sehen und warten darauf, dass ich endlich
verschwinde, damit sie fertig essen koennen. Damit hat sich das Thema
Fischsektion erledigt.
Oberhalb vom Restaurant macht sich
wieder der Bagger zu schaffen und es staubt derart, dass alle
Restauranttueren geschlossen sind und wir drin essen muessen. Der
Laerm ist nervtoetend. Wir bringen schnell die Waesche in Sicherheit,
die hinter dem Restaurant aufgehaengt ist, bevor sie vollstaubt.
Um 8 Uhr beginnt das Training, wir
arbeiten parallel, auf dem Sportplatz uebt erst Aldo, dann Maggie
Detachieren. In der Zwischenzeit ueben wir mit den Flaechensuchern am
Fluss unten und machen schon richtig grosse Suchen. Ich bin das Opfer
und habe mich gut im hohen Gras versteckt, Axel weiss wo. Alle drei
Hunde finden mich schnell, und waehrend ich Laxmi nicht zum Bellen
bringen kann, bellt Aldo fuer ein kleines Stoeckchen richtig
profihaft und spielt mit mir mit Ausdauer. Fuer Laxmi war die Sache
mit dem Fund erledigt und sie geht ihren Angelegenheiten nach.
Dunston macht eine schoene Suche und findet mich rasch, ignoriert das
Leckerchen und rennt sofort zurueck zu Annam. Der kaempft gerade mit
dem Funkgeraet und vergisst dabei, dass er ja jetzt eigentlich die
Anzeige einfordern muesste und den Refind durchfuehren. Stattdessen
geht er mit Dunston zurueck und rauf zum Schulhof. Spaeter ist es ihm
richtig peinlich, als ich frage, was denn los war, und er sagt nur “
I made a big mistake”. Das wird ihm ganz sicher nie wieder
passieren. Dunston hat ihm laengst verziehen!
Fuer Maggie und Hunter laufe ich noch
einen Klopapiertrail, nicht lang, 2 Winkel, und ueberquere dabei den
Hauptpfad, der Hunter letztes mal so abgelenkt hat, sowie einen
kleinen Bach. Dank Markierungen stoppt Chitrai Hunter in dem Moment,
wo er sich auf die Datenautobahn des Hauptpfades setzen will, bringt
ihn zurueck zur “Kreuzung” und siehe da, die Nase geht auf einmal
wie auf Schienen und Hunter laesst sich bei mir seine Belohnung
schmecken.
Maggie laesst sich zwar vom Seitenwind
etwas mehr von der Spur abbringen und sucht generell mit hoeherer
Nase, aber sie ignoriert den Querpfad und findet mich prompt. Sie
will von mir und der Belohnung allerdings gar nichts wissen und
wuerde viel lieber weiter suchen. Auch daran muss noch mittels
Jackpot gearbeitet werden.
Am Schluss des Trainings besprechen
wir, was wir in den verbleibenden 1,5 Tagen machen werden. Um 14 h
werden wir den ersten Teil von Erste Hilfe am Hund machen und danach
trainieren. Ausserdem brauche ich noch schoene Bilder mit weissen
Himalayabergen im Hintergrund, und die kann man von hier aus nicht
sehen. Padam weiss eine Stelle auf der gegenueberliegenden Seite des
Flusses, etwas oberhalb und garantiert ohne Treppen, wo wir unsere
Bilder machen koennen. Also planen wir fuer morgen frueh um 7.30 den
Aufstieg in das Dorf oberhalb vom Fluss. Dienstag wird unser letzter
Trainingstag in Shyauli sein und da werden wir dann noch den 2. Teil
von der EH Hund machen und als letzten Teil unseres Trainings werden
wir mit den Mantrailern Negatives ueben. Ich erklaere, wozu das gut
ist, so zum Beispiel wenn eine Spur an einem tiefen Fluss endet und
man dann annehmen kann, dass die Person ertrunken ist, oder an einer
Strasse, wo Busse fahren, dass die Person womoeglich den Bus genommen
hat. Oder, wenn ein Zeuge sich geirrt hat und die Person sich nie an
der Stelle aufgehalten hat, wo man ansetzen will, auch dann muss der
Hund das zeigen und dafuer belohnt werden. Oder einfach, wenn er die
Spur verliert. Dann ist alles besser, als einen Ghosttrail zu laufen
und die Koerpersprache bei einem Negative muessen die Hundefuehrer
erst lesen lernen und der Hund muss dafuer belohnt werden, damit er
gar nicht erst in Verlegenheit kommt, Ghosttrails zu laufen. Da der
Fluss nicht breit und tief genug ist, um das Opfer “ertrinken” zu
lassen und wir auch kein Fahrzeug zur Verfuegung haben fuer unsere
tolle Strasse, werden wir in ein abgelegenes Tal gehen und dort mit
einem Geruchsartikel starten, dessen Besitzer dort noch nicht gewesen
ist. Und den Hund fuer alles, was kein Ghosttrail ist, belohnen!
Waehrend des Traillegens vibriert mein
Handy und ich habe offenbar an einer Stelle tatsaechlich Empfang. 3
neue Nachrichten auf der Mailbox, aber nirgendwo ist Netz. Wir
beenden das Training und ich gehe wieder runter ins Flussbett und
versuche irgendwo Empfang zu bekommen. Keine Chance. Stattdessen
probiere ich die Makrofunktion meiner Kamera an diversen Pflanzen und
Tieren aus, bis mir die Kamera meldet, dass die Speicherkarte voll
ist. Und die hat 8 Gigabyte! Jetzt hab ich nur noch eine 4er und wir
haben noch die analoge Kamera mit diversen Filmen. Also durchgucken,
loeschen was nichts ist, ueberfluessige Filme entsorgen (Axel hat
etliche Filme vom Strassenbau, die Ingo von anderer Seite auch
gedreht hat, die lade ich auf Ingos Laptop und loesche sie auf der
Kamera), soviel wie moeglich auf meinen Stick laden und wieder Platz
schaffen auf der Speicherkarte. Beide muessen wenigstens noch bis
Pokhara halten, dann koennen wir dort (sofern Strom vorhanden) so
viel wie moeglich auf CD brennen.
Es wird uebrigens tatsaechlich Sommer
hier (Februar bis April, wenn der erste Regen kommt, sind in Nepal
die heissesten Monate): Ingo hat die erste Passionsfruchtbluete
entdeckt und mittlerweile fliegen auch jede Menge Muecken, Fliegen
und Bienen und wir sehen von Tag zu Tag mehr Schmetterlinge.
Vielleicht haben wir ja noch Glueck und finden Reptilien, die aus der
Winterruhe erwachen? Oder Mungos und Haselmaeuse. Helga ist
jedenfalls schon fleissig in den Bueschen am suchen.
Das Welpenzimmer bekommt jetzt eine
abwechlsungsreichere Einrichtung: Leere Plastikflaschen mit Steinchen
drin, Maiskolben, Karotten, Bueffelhautknochen alte Lappen, der blaue
Ball von Helga und noch einiges mehr bereichern das Spielzimmer. Eine
kleine Huendin, die schon immer viel kleiner war als der Rest, hat
die restlichen Welpen laengst nicht eingeholt und zieht an den Zitzen
und dem Fressnapf staendig den Kuerzeren. Sie wird wieder gesondert
angelegt und es gibt jetzt auch 2 grosse Teller mit Welpenfutter,
damit sie auch zum Zuge kommt.
Die Mittagspause verbringe ich am
Computer und schliesslich ist es 14 Uhr. Wir schauen den ersten Teil
der Power Point Praesentation ueber Erste Hilfe am Hund und Ingo und
Ram helfen uebersetzen. Wir ueben Puls fuehlen und Schleimhaeute
beurteilen, sprechen ueber Schock und was man dagegen tun kann (hier
sind die moeglichen Massnahmen in Ermangelung von Tieraerzten in der
Naehe schon etwas erweitert). Padam gesellt sich dazu und er ist auch
in der Lage, Braunuelen zu legen und Infusionen zu machen und
Notfallmedikamente anzuwenden.
Dann gehen wir raus in den Pavillon und
ueben am Objekt: Dunston ist unser perfektes Trainingsobjekt, der
laesst alles mit sich machen. Padam, Laxmon und Nagendra haben den
Kurs ja bereits absolviert, und erinnern sich noch ziemlich genau an
alles. Wir ueben Tragen des Hundes auf den Schultern, Fixation des
Kopfes, Heben des Hundes, Schnauzenband anlegen, Seitenlagenfixierung
des Hundes und schliesslich Pfotenverbaende. Wenn einer von uns das
naechste Mal nach Nepal kommt, muessen wir unbedingt Material
mitbringen, von Verbandmaterial ueber Scheren und Pinzetten bis zum
Nadelhalter und Fieberthermometer (Infusionsloesungen koennen wir
hier kaufen), denn die Jungs brauchen eine tragbare Hundeapotheke und
werden im Dschungel nicht auf die Hilfe des Hospitals zurueckgreifen
koennen.
Danach machen wir mit dem Hundetraining
weiter, es laeuft etwas schleppend an, Laxmon geht zuerst wieder
Detachieren (Aldo kann es schon richtig gut), sie sind wirklich ein
prima Team. Die anderen aber auch, Annam und Dunston kuscheln stets
zusammen und die anderen drei kleben an ihren Hundefuehrern, wohin
sie auch gehen. Nur Helga ist sehr unabhaengig und Dilip, ihr
Hundefuehrer und Welpenmaster, ist momentan eher ihre Putzfrau :-).
Die Hunde haben jetzt alle die Bueffelhautknochen bekommen, die wir
mitgebracht haben und liegen nagend herum. Das mache ich mir zu
nutze, entwende Dunston seinen Knochen und laufe damit weg. Wir
machen ein paar kurze Suchen mit mehr oder weniger schoenen Anzeigen,
aber am Schluss sieht es wieder richtig perfekt aus. Aldo gibt bei
der Suche Hetzlaut und macht prima Anzeigen, mittlerweile auch bei
der offen hockenden Person. Laxmi bekommt noch verdeckte oder hohe
Opfer, da bellt sie besser. Maggie und Hunter laufen angereizte
Klopapiertrails zum Fluss runter und hinten wieder hoch bzw. auf der
neuen Strasse. Danach trainieren wir noch mal auf der Leiter. Kaum
noch Hilfen und ganz in Ruhe. Sogar Laxmi nimmt mit den Vorderlaeufen
freiwillig !!!! die ersten beiden Sprossen. Wenn das mal kein
Fortschritt ist! Dann ist erst mal Schluss mit Training fuer heute.
Alles ist staubig hier und Axel waescht
noch einmal Waesche, damit sie bis zur Abreise nach Pokhara trocken
ist. Ich tippe bis zum Abendessen und danach noch weiter. Dilip zeige
ich ein paar Fotos von unseren Klettergeraeten zu Hause zum Nachbauen,
und Truemmerbilder, auf denen man erkennt, wofuer das spaeter mal gut
ist.
Ingo kocht Nudeln mit Sosse a la Ingo,
mit Tomatenmark, Gemuese, Kraeutern aus dem Garten, Champignons und
Flussgarnelen, dazu gibts Spiegelei (von beiden Seiten gebraten wegen
der Tb). Dann ist Feierabend. Die Waesche bleibt draussen haengen, es
ist warm, und wir hoeren noch, wie die Jungs sich nebenan im
ehemaligen Boardinghaus noch eine ganze Weile unterhalten.
Dienstag, 26. Januar 2010
Heute ist unser letzter Trainingstag in
Shyauli Bazaar. Wie schnell die Zeit verflogen ist, unglaublich.
Für heute Vormittag planen wir noch
mal eine Foto-Session, da uns ein großes deutsches Hundemagazin
angeboten hat, über die HRDSN zu berichten. Und dafür brauchen wir
unbedingt noch ein paar schöne Gruppenfotos mit den Eisgipfeln im
Hintergrund. Nun liegt Shyauli Bazaar nur auf etwas über 500 m/NN,
in einem tief eingeschnittenen Flusstal, umrahmt von 1200-1500 m
hohen Hügelketten. Von unserem Standort und unseren üblichen
Trainingsarealen aus sind die Eisgipfel von Dhaulaghiri, Annapurna,
Lamjung Himal usw. nicht zu sehen. Von der gegenüberliegenden
Flussseite aus sieht man gerade mal so den Gipfel von Annapurna IV,
aber der Blickwinkel reicht nicht für ein Gruppenfoto. Also werden
wir das Morgentraining auf den gegenüberliegenden Berghang verlegen.
Padam und Ram garantieren mir, dass es
auf dem Weg zu dieser relativ flach ansteigenden Bergflanke praktisch
keine Treppen gibt. Auf dem höchsten Punkt des vorgelagerten
Bergrückens befindet sich eine Dorfschule und dort wollen wir hin,
um Fotos zu machen. Wir brechen bereits um 7.30h auf, denn
wir brauchen gutes Licht und später werden u.U. Wolken die Eisgipfel
verdecken und es wird ziemlich warm werden. Alle sechs Hundeführer
der Junior Squad, Ram als Dolmetscher und Axel und ich marschieren
also los, mit dabei alle Hunde bis auf Helga, die bei ihren Welpen
bleiben muss. Ingo wird mit ihr spazieren gehen und aufpassen, dass
sie uns nicht nachläuft.
Wir durchqueren das trockene Flussbett
bis zum Hauptarm des Middim Khola. An einer Stelle haben die Anwohner
eine Holzbrücke über den mehr als knietiefen und relativ stark
strömenden Fluss gebaut. Auf aufgeschichteten Steinfundamenten ruht
eine einfach aus Rundhölzern und Ästen zusammengefügte Leiter! Wie
gut, dass wir mit allen Hunden das Leitertraining vorher so
ausführlich absolviert haben. Alle Hunde gehen hier problemlos über
die Leiter, nur Laxmi weigert sich und führt sich auf wie ein wilder
Mustang. Aber Nagendra hat absolut die Ruhe weg, zieht ihr Halsband
und Kenndecke aus und so muss sie halt durch den Fluss, während er
über die Brücke geht. Das wiederum klappt zu unserer und Laxmi´s
Beruhigung problemlos. Am anderen Ufer, unweit eines
Wasserfalls (den ich von der anderen Seite schon gesehen hab und
schon immer mal fotografieren wollte), führt ein recht steiler Weg
nahezu ohne Stufen den ersten Abschnitt der Uferböschung hinauf.
Nach rund 30 Höhenmetern wird es dann etwas weniger steil, und nach
einer Weile erreicht die Steigung gewohnte Taunusausmaße, so dass
ich langsam wieder normal zu Atem komme und auch wieder Tempo machen
kann. So ein Gelände bin ich tagtäglich vom Walken und Gassigehen
gewohnt und da halte ich auch locker mit und kann wieder bis nach
ganz vorne aufholen. Warum kann das hier nicht überall so sein...
stundenlang könnte ich dann marschieren.
Die Jungs und die Hunde scheinen den
Ausflug sehr zu genießen, vor allem die Hundeführer haben einen
Mordsspaß und lassen sich von ihren Vierbeinern die Steigung
hinaufziehen (alle Hunde tragen bereits ihre Trailgeschirre bzw. die
gespendeten Kenndecken mit dem Emblem der Lawinenhundestaffel
Salzburg und ziehen damit wie ein Rudel Schlittenhunde). Irgendwann
überholt mich ein lachender Ram, der an Aldos Leine hängt...
schließlich erreichen wir die ersten Reisfelder dieses vorgelagerten
Bergkamms und immer mehr kommt im Norden die Hauptkette des Himalaya
in Sicht. Östlich von uns, oberhalb eines Hochtals, erhebt sich die
Hügelkette, hinter der jetzt langsam die Sonne hervorkommt.
Wir testen einige Lokalitäten,
probieren Hintergründe und Belichtungen aus, aber dieses Stellen
sind nur mäßig geeignet für unsere Zwecke. Also geht es weiter
durch ein auseinander gezogenes Gurung-Dorf, immer weiter bergauf,
bis zum Schulhof der dortigen Dorfschule. Hier machen wir die ersten
Bilder, wenn auch Belichtungsprobleme unsere Ansprüche nur
suboptimal befriedigen können. Für Aldo gibt es eine kleine Suche
hinter dem Schulgebäude zu einigen kleinen Hütten hinunter. Aldo
sucht sehr weitläufig und wir haben bei unserer Aktion ungezählte
Zuschauer. Die Kinder der Dorfschule verfolgen das Geschehen
aufgeregt und ich weiß nicht, was der Lehrer über uns gedacht haben
mochte.
Ram und die anderen sehen uns an, dass
wir mit unseren Fotoresultaten nicht so ganz zufrieden sind, und so
kommt der Vorschlag, auf den Hauptkamm der Hügelkette zu steigen,
bis wir einen geeigneten Ort in größerer Höhe gefunden haben. Ram
sieht meinen kritischen Blick den Berg hoch (das Biest hat immerhin
1500 m, die oberen 200 Höhenmeter sehen nach senkrechtem Fels aus)
und fragt mich besorgt, ob ich das schaffen würde (Junge, ich werde
beim nächsten Mal garantiert mindestens 10 kg leichter sein und dann
schnaufe ich ganz sicher nicht mehr bei diesen blöden Treppen aus
dem letzten Loch... und mittlerweile ist mein Muskelkater in den
Oberschenkeln verschwunden...), und ich sage, dass wir das dann sehen
werden.
Also brechen wir wieder auf,
durchqueren erneut das Gurung-Dorf, von den Anwohnern neugierig
beäugt … was unsere Jungs tierisch zu genießen scheinen. Es geht
ein Stück bergab, dann queren wir einen Geländeeinschnitt mit
Reisfeldern und dann... haben wir 800 oder 900 Höhenmeter mit
TREPPEN zu bewältigen. Die Steigung liegt zwischen 45° und 70°,
meist so um die 60°... ein natürliches Treppenhaus sozusagen,
wieder mal zusammen gelegte Natursteine oder natürliche Felsen oder
Baumwurzeln wechseln sich mit lehmigen Steilpfaden, Lehmstufen und
lockerem Schotter ab. Die Steigung ist irre, nach einer kurzen Weile
pfeife ich mal wieder aus dem letzten Loch und muss bis zu unserer
ersten Zwischenstation mal kurz anhalten und warten, bis sich die
Atemfrequenz wieder runter gefahren hat. Die Jungs werden von den
Hunden gezogen und haben sowieso eine enorme Kondition, aber wenn man
von Kindheit an in dieser Gegend wohnt und hauptsächlich zu Fuß
unterwegs ist, ergibt sich das wohl automatisch. Axel hält mit
seinen langen Beinen ganz gut mit und ich gebe alles ;) und Ram hält
sich immer irgendwo in meiner Nähe auf, der Gute.
Schliesslich ist die erste Etappe
geschafft, wir sind mal wieder auf dem Schulhof einer (noch leeren)
Minischule gelandet. Die Aussicht ist schon phantastisch, alle machen
Pause und ich muss auch erst mal verschnaufen, wortwörtlich.
Wenigstens geht das zu meiner Befriedigung relativ rasch, nach
wenigen Minuten kann ich wieder geräuschlos durch die Nase atmen und
mich wieder normal unterhalten. Sooo schlecht ist meine Kondition
dann zum Glück doch nicht (ok, man kann alles schönreden), nur muss
meine untrainierte Treppenlaufmuskulatur halt ein recht hohes Gewicht
stemmen und braucht dafür wohl mehr Sauerstoff, als ich aufnehmen
kann. Also reizt die Atmung alle Reserven aus...
Wir machen ein paar Bilder von den
Hundeteams, aber wir müssen noch weiter hinauf. Für mich war die
Pause lang genug, wir müssen uns schließlich beeilen, wenn wir noch
Glück mit den Wolken und dem Licht haben wollen.
Der letzte Anstieg ist echt heftig,
irgendwann biegt der Weg in den Bergdschungel ab und ab hier, meint
Ram, wird der Weg zu schwierig. Wir sind auf den letzten Reisfeldern
sehr weit oben auf der Hügelkette angelangt und über uns sind nur
noch ein kleines Stück Dschungel und dann die senkrechten Felswände,
die uns vom Kamm trennen. Während ich wieder auf die Normalisierung
meiner Atmung warte und auch die anderen sich auf den Wällen der
Reisfelder niedergelassen haben und Pause machen, bin ich stolz auf
meine (eigentlich lächerliche) sportliche Leistung. Denn das
Ergebnis kann sich sehen lassen, der Aufstieg hat sich mehr als
gelohnt: Die Eisriesen des Himalaya-Hauptkamms sind von hier aus zu
sehen, mit einer genialen Aussicht auf die Vorgebirge davor, zu denen
auch unser Hügelkamm hier gehört. Shyauli liegt tief unten im
Flusstal und ist von hier aus gar nicht zu sehen. Kein Dunst, keine
Wolke, ein strahlend blauer Himmel und eine Sonne, die so langsam den
Hügelkamm erreicht, so dass die Bäume dort oben im Gegenlicht
aussehen wie Scherenschnitte. Auf dieser Hügelseite ist noch
Schatten und hier ist es ziemlich kühl und feucht. Weiter vorn an
der Flanke zum Flusstal hinab steht eine kleine Hütte und ein
Bananenhain (leider sind die Bananen – nepali: Ki´era – noch
nicht reif) und wir machen mit den Hunden ein kleines Morgentraining
mit Anzeigen, Kurzsuchen und Kurztrails. Und machen Fotos, Fotos,
Fotos... Irgendwann kommt die Sonne um die Ecke und etwas weiter oben
wird eine die oberste Reisterrasse schon voll beleuchtet. Das Licht
dort ist einfach genial und wir steigen bis dorthin hinauf. Hier
gelingen uns vermutlich die besten Bilder des ganzen Trainings und
hier machen wir auch genau die Gruppenfotos, die wir uns erträumt
hatten.
Nach einer kleinen Weile dann ist es so
weit: Wolken ziehen um die Gipfel im Norden auf und die Eisriesen
sind kaum noch zu sehen. Dhaulaghiri, die Annapurnas, Lamjung Himal
und Manaslu verschwinden nach und nach und wir gehen wieder zu dem
Pfad zurück, der uns steil nach unten bringen wird. Schliesslich
geht es auf den späten Vormittag zu und alle haben Hunger auf Dhal
Bat. Ich persönlich finde den Abstieg zwar von der Atmung her vieeel
einfacher, aber von der Muskelanstrengung nach den ersten paar
hundert Höhenmetern als viel anstrengender als den Aufstieg. Wir
laufen in Sandalen und ohne Stöcke und die Oberschenkel und
Kniegelenke müssen nun das Eigengewicht auf den steilen, unebenen
und ungleichen Stufen auffangen. Irgendwann fängt es an, weh zu
tun... aber es sind nur noch ein paar Minuten, dann sind wir unten an
den Reisfeldern angelangt, queren die Rinne und kommen an die ersten
Ausläufer des Dorfs. Über kleine Pfade zwischen Häusern, über
Höfe und durch Felder und Gärten kommen wir dann wieder an den
Hauptweg, der uns zum Fluss hinunter bringen wird.
Von hier aus haben wir wieder Sicht auf
die blauen Dächer von Shyauli Bazaar. Was jedoch viel mehr ins Auge
fällt, sind die gewaltigen Wunden, die der Bagger in den
gegenüberliegenden Berg gerissen hat. Wie lange wird es dauern, bis
diese staubigen, gewaltigen Erdrutsche wieder von der Natur bewachsen
sind? Vermutlich jedenfalls schneller, als dass diese Piste soweit
befestigt ist, dass sie nicht bei jedem Monsun erneut abrutscht und
verschüttet wird.
Unterwegs fliegen Milane über uns und
verschiedenste Vögel singen in den Bäumen am Weg. Wir überholen
mit allen Hunden eine Ziegenherde und die Hunde wissen sich bestens
zu benehmen, selbst Hunter und Maggie, die am Anfang oben im Dorf
durchaus Appetit auf die eine oder andere Ziege gehabt hätten. Man
merkt es den Hunden (und Hundeführern) zwar nicht an, aber alle sind
jetzt etwas müde und wollen eigentlich hauptsächlich wieder nach
Hause. Auf dem letzten Bergab- Steilstück vor dem Fluss geben die
Kniegelenke noch mal alles und dann ENDLICH durchqueren wir den
ersten von 3 Seitenarmen auf dieser Seite des Middim Khola. Nicht wie
auf dem Hinweg von Stein zu Stein trockenen Fußes, sondern quer
durch das kühle Wasser... aaaaaahhhh, tut das gut! Wir gelangen
wieder an die Holzbrücke und alle Hunde überqueren sie vorbildlich.
Nagendra bleibt diesmal hart und siehe da, sogar Laxmi geht über die
Brücke. Nagendra geht mit ihr dann noch ein paar mal hin und her und
Laxmi läuft auf einmal über die Leiter, als hätte sie noch nie
etwas anderes gemacht. Sie wächst wirklich mit ihren Aufgaben und
vielleicht muss man sie manchmal zu ihrem Glück zwingen und ihr
einfach klar machen, dass sie vor Neuem keine Angst zu haben braucht,
weil sie es kann...
Mittlerweile sind die beiden
Hundeführer Gau und Chitra mit Hunter und Maggie sowie Dilip schon
nach Shyauli raufgelaufen, während Dunston und Aldo auf der anderen
Seite des Flusses begeistert im Wasser planschen. Laxmi darf nun auch
frei laufen und probiert die Leiter gleich in eigener Regie aus. Es
mag Vermenschlichung sein, aber sie scheint wirklich stolz auf und
begeistert von ihren neuen Fähigkeiten zu sein.
Laxmon wäscht nacheinander alle Hunde
im Fluss und auch alle Kenndecken, Leinen und Halsbänder, die auf
unserer Wanderung durch den rotbraunen Lehmstaub genau wie unsere
nackten Füße nicht mehr wirklich sauber aussehen. Die Hunde
jedenfalls toben sich im klaren kühlen Wasser aus und als wir nach
Shyauli hochklettern (letzte Stufen für heute Vormittag) vereinbaren
wir, das Training mit der Ersten Hilfe am Hund erst um 15 Uhr weiter
zu führen.
Die Hunde ruhen in der verlängerten
Mittagspause auf dem Sportplatz und ich setze mich wieder an den
Computer, diesmal nicht um zu schreiben, sondern um mit Axel und Ingo
zusammen die Bilder zu gucken. Wir essen dabei Brote und machen uns
Kroepoek mit Chillipulver. Ram gesellt sich dazu und guckt einen Teil
der Bilder mit. Mittlerweile ist auch der Bagger zurück gekehrt und
wirft jede Menge staubiger Erde den Hang zum Restaurant hinunter. Wir
können gerade noch die Türen schließen und die Sitzkissen und die
Tassen und Kaffeekannen vom Frühstück in Sicherheit bringen, die
draußen auf unserem Frühstückstisch standen. Auch das erste
Fahrzeug fährt jetzt über die neue „Road“, ein Moped.
Nach den Bildern verschwinden alle
wieder und legen sich hin, während ich weiter an meinen Berichten
tippe.
Dilip hat ein anderes Zimmer als
Welpenzimmer eingerichtet und Helga mit ihren Welpen umziehen lassen.
Er wechselt jetzt die Zimmer alle 3-4 Tage, damit er immer eins
gründlich ausschrubben und trocknen lassen kann. Helga macht nicht
mehr alle Geschäfte ihrer Kids weg und selbige werden immer aktiver
und krabbeln und spielen ausgelassen durchs Zimmer. Man kann gar
nicht aufhören, ihnen zuzugucken, wie sie miteinander kämpfen,
bellen, tollpatschig umfallen, den Futternapf erobern und sich wie
Vampire auf Helga´s Gesäuge stürzen, sobald sie den Raum betritt.
Um 15 h treffen alle im Restaurant ein
und Ram sagt mir, sie möchten auch alle die Fotos sehen, die wir
heute gemacht haben. Also gibt’s erst mal eine Diashow (jeder
bekommt eine CD mit den Bildern, sobald sie an ihren freien Tagen
paarweise nach Pokhara kommen, denn jeder will natürlich seiner
Familie auch seinen Hund und seine Arbeit vorführen; die Hunde
müssen sie sicherheitshalber vorerst in Shyauli lassen – zu groß
ist die Gefahr, dass es in Pokhara zu einer Beißerei mit den
örtlichen frei laufenden Hunden oder zu einem Verkehrsunfall kommen
könnte. Da sind die Fotos zumindest eine Alternative.).
So beginnt der Theorieunterricht etwas
verspätet und endet schließlich erst gegen 17 h. Wir haben jetzt
nicht mehr lange Licht, aber die Jungs wollen noch ein letztes
Training mit den Hunden machen. Das einzige, was ich noch zeigen
will, ist der Aufbau des Negativs. Damit zeigt der Hund an, dass er
die Spur verloren hat oder dass überhaupt keine Spur vorhanden ist.
Dieses Training ist für die beiden Mantrailerteams enorm wichtig,
denn beide neigen ja dazu, vor lauter Sucheifer Ghosttrails zu
laufen. Während der Rest der Mannschaft auf dem Staffelgelände
trainiert (kurze Suchen, Anzeigen, Leiterlaufen und Detachieren),
gehen Ram, die beiden Mantrailerteams und ich mit einem
Geruchsartikel von Axel ein Stück die neue Straße hinab. Axel war
in der ganzen Zeit noch nicht hier gewesen und Ram übersetzt, was es
mit dem Negativ-Start auf sich hat.
Der Geruchsartikel wird auf den Boden
gelegt und nacheinander werden die Hunde daran angesetzt. Sie sollen
nun eine Leinenlänge weit Gelegenheit haben, das Gelände auf eine
Spur von Axel hin zu untersuchen. Da sie keine finden werden, werden
sie dies mit einer entsprechenden Körpersprache auch zeigen. Jeder
fragende Blick zum Hundeführer, jeder Kopfschwenk soll dabei belohnt
werden, und Maggie macht ihre Sache wirklich prima. Hunter hat es
ungleich schwerer, er ist danach dran und wird kurz vor dem Ansatz
zunächst von einer Person abgelenkt, die nicht weit von uns vorbei
kommt und dann von einer kleinen Herde Ziegen, die unmittelbar vor
uns um die Kurve der Piste kommt. So richtig kann er sich beim Ansatz
nicht konzentrieren und startet erst mal wild drauf los in die
Richtung, in die er angesetzt wurde und den Ziegen hinterher. Chitra
muss ihn stark ausbremsen und versucht es in die andere Richtung
erneut. Gleiches Resultat, Hunter stürzt in die vorgegebene Richtung
davon. Erst nach ein paar Kreisen an der langen Leine kommt endlich
der fragende Blick in Richtung Hundeführer und dafür wird er
belohnt. Da steckt noch viel Arbeit drin, aber Ram erklärt gut, wie
es gemacht wird und sie werden das schon hinbekommen. Derzeit können
sie nur Negativansätze trainieren (blind endende Spuren sind mangels
Autos hier schwierig zu produzieren) und damit auch ihr Auge dafür
schulen, ob der Hund noch auf dem Trail ist oder nicht – auch
wichtig, um Ghosttrails zu verhindern.
Als wir wieder zum ehemaligen Schulhof
zurückkehren, laufen Dunston und Aldo gerade über die schräge
Leiter rauf auf die Tischtennisplatte... frei und ohne Hilfen, als
wenn sie noch nie was anderes gemacht hätten! Damit endet unser
letzter Trainingstag und ich sage noch mal allen, was für ein
Vergnügen es uns bereitet hat, ihre Arbeit mit den Hunden zu
begleiten und die Fortschritte und Erfolge – in dieser kurzen Zeit
– zu beobachten. Es waren anstrengende, intensive Tage gewesen und
auch das Team freut sich augenscheinlich darüber, was wir zusammen
alles erreicht haben. Es ist in Nepal nicht üblich, sich zu
bedanken. Mir reicht das, was ihre Blicke sagen völlig und wir
belassen es dabei.
Wir sind jetzt alle hungrig und müde
und das Dhal Bat (das Gemüse ist jetzt weitgehend alle und es gibt
das Wintergemüse Sak, der spinatähnlich zubereitet wird, und den
Rest Möhren dazu) schmeckt doppelt so lecker wie sonst.
Wir unterhalten uns noch über dies und
das mit Ram und mit Ingo. Ram meint, dass die Jungs jetzt wohl
regelmäßig Wanderungen mit ihren Hunden unternehmen werden, denn
Zwei- und Vierbeinern tut eine neue Trainingsumgebung gut. Ingo
möchte noch vor dem nepalischen Neujahrsfest ein mehrtägiges
Training mit Zelten oben in Siklis organisieren. Auch über die
Zukunft der Welpen sprechen wir: Im späteren Frühjahr werden zwei
weitere Hundeführer der Senior Squad wieder mit einsteigen und zwei
der Welpen übernehmen. Zu Beginn des nächsten Ausbildungsjahres
sollen zwei weitere Hundeführer-Trainees, die sich bereits
erfolgreich beworben hatten, aber nicht mehr rechtzeitig anfangen
konnten, ebenfalls zwei der Welpen übernehmen. Zwei sollen im Office
einziehen, denn sowohl Phul Maya und Jith, als auch die
Busfahrerfamilie im Erdgeschoss wünschen sich schon seit langem
einen kleinen Helgahund. Abgeben will Ingo Welpen nur an Expats, also
Ausländer, die in Nepal leben, mit einer Rücknahmegarantie für den
Fall, dass sie das Land verlassen und den Hund nicht mitnehmen
können. Aber all das ist noch relativ ferne Zukunft und festlegen
kann man jetzt noch gar nichts. Wir alle lassen das erst mal in Ruhe
auf uns zukommen!
Eine letzte Nacht noch in Shyauli...
wir packen unsere Siebensachen und beginnen, uns vor dem Einschlafen
gedanklich wieder auf den Rückweg in unsere westliche Leistungs-,
Konsum- und Zivilisationsgesellschaft vorzubereiten, den wir ab
morgen Schritt für Schritt gehen werden. Wir werden ein Paradies verlassen, das
einen Knacks bekommen hat. Mit der Straße wird sich hier nach und
nach einiges in Richtung unserer westlichen Gesellschaft verändern.
Wie ein scharfer Kontrast ist uns klar, dass nicht alles davon auch
wirklich besser sein wird und etwas Wesentliches jetzt bereits
unwiderbringlich verloren gegangen ist.
Fr,
15.1. - So, 17.1.
|
Mo, 18.1.
- Mi, 20.1.
|
Do,
21.1. - Sa, 23.1.
|
So,
24.1. - Di, 26.1.
|
Mi, 27.1. - Do,
28.1.
|
Fr, 29.1.
- Rückkehr
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